Neobiota: Burgenlands neue Mitbewohner (Teil XI) – der Nutria

Unsere Serie über die invasiven Tier- und Pflanzenarten geht in die nächste Runde. Diesmal stellen wir den Nutria vor. Dieses Nagetier aus Südamerika fühlt sich in Burgenlands Gewässern sehr wohl.

Von Elias Hoffmann

In unserem letzten Artikel haben wir uns mit den heimischen Nagetieren beschäftigt. Das hat uns dann auch auf die Idee gebracht, unsere Serie über Neobiota, also eingeschleppter Tier- und Pflanzenarten wieder hervorzukramen und den Nutria vorzustellen. Der Nutria, ursprünglich in Südamerika beheimatet, ist nämlich ein ziemlich großes Nagetier, das im 19. Jahrhundert aus heimischen Pelzfarmen entwischt ist und sich seitdem auch im Burgenland wohl fühlt.

Ein Nutria schaut fast so aus wie ein Biber

Nutrias sehen unseren heimischen Bibern zum Verwechseln ähnlich. Und heißen auch fast so, denn Sumpfbiber kann man auch zu ihnen sagen. Das größte Unterscheidungsmerkmal ist der Schwanz: der ist beim Biber nämlich breit und abgeflacht, während er beim Nutria lang und rund ist. Freilich ist auch die Größe ein Unterscheidungsmerkmal, jedoch sind ein ausgewachsener Nutria und ein juveniler Biber in etwa gleich groß. Schwimmend und vor allem aus der Ferne kann man aber nur als geübter Beobachter einen Nutria von einem Biber unterscheiden.

Schwimmender Nutria (runder Schwanz, Quelle: Wikimedia Commons)

In Südamerika fast ausgerottet und in Österreich ausgekommen

Nutrias sind eigentlich in Südamerika daham. Verbreiten sich dort vom südlichen Brasilien bis nach Patagonien und wurden im 19. Jahrhundert ob ihres flauschigen Felles so intensiv bejagt, dass sie fast ausgerottet worden wären. Man geht davon aus, dass Nutrias in Österreich in den 1920er bzw. 1930er Jahren eingeführt und in Pelzfarmen gezüchtet wurden. Von dort dürften sie auch entkommen sein und sich langsam aber doch verbreitet haben.

In Europa gelten die Nutrias als invasive Art

 Wie man an untenstehender Karte erkennen kann, ist die Verbreitung in Österreich noch überschaubar. Auf europäischer Ebene vor allem in Frankreich, Italien und der Iberischen Halbinsel haben sich die Nutrias wirklich rasant verbreitet. Deshalb wurde diese Tierart von der EU auch auf die Liste invasiver gebietsfremder Arten unionsweiter Bedeutung gesetzt, wodurch Handel und Zucht von Nutrias an sich verboten ist. Wir erinnern uns: invasiv ist kein so schönes Wort: es bedeutet nämlich dass sich die Art mehr oder weniger unkontrolliert ausbreitet und dabei heimische Arten verdrängt. Der Nutria hat es sogar auf die Liste der 100 weltweit schlimmsten invasiven Arten geschafft.

Die Ausbreitung des Nutrias ist derzeit noch überschaubar. (Quelle: Uweltbundesamt)

Was ist eigentlich so beängstigend an diesem putzigen Nager?

Nutrias fressen überwiegend Wasserpflanzen und sind in einem optimalen Habitat sehr fortpflanzungsfreudig. Diese Kombination lässt, wo sich die Nutrias stark vermehren, unsere heimischen Wasserpflanzen und die dadurch entstandenen Lebensräume, die sie den heimischen Fischen, Insekten, Vögeln und Amphibien bereitstellen, schrumpfen.

Nutrias graben für ihr Leben gerne. Zum Unterschied zum Biber sind die Eingänge ihrer Baue oberhalb der Wasserlinie situiert (während der Biber ja immer Unterwasser in seinen Bau schwimmt). Diese intensive Grabtätigkeit steht halt wie so oft in deutlichem Konflikt mit menschlicher Tätigkeit. So werden etwa Hochwasserschutzdämme oder Uferbegleitwege unterminiert bzw. den Landwirten ihre Ernte gefressen. Solange es sich um Einzelfälle handelt ist das freilich noch überschaubar.

Die burgenländische Lösung zum Nutria

 Die Invasivität der Nutrias hat auch das Land Burgenland zum Handeln bewogen. Im sogenannten Nutria-Erlass der Abteilung 4 (Natur- und Klimaschutz) wird der Nutria kurzerhand zu Raubzeug erklärt. Ein Begriff, der im Prinzip alle Tierarten umfasst, die anderen Tierarten gefährlich werden können. Laut Wikipedia ist der Begriff antiquiert (aus den 1970 er Jahren), da es im Prinzip in der Natur ja keine Tiere gibt, die andere Tierarten ausrotten wollen… Nicht so anscheinend im Burgenland.

Jedenfalls ist der Nutria rechtlich nun gleichgesetzt mit wildernden Hunden und Katzen, also mit Tieren, die dem gehegten (also jagdbaren) Wild schädlich sind. Laut Erlass stören die burgenländischen Nutrias nämlich andere Wildtiere bei der Aufzucht ihrer Jungen, und fressen auch Kleintiere. Pikantes Detail am Rande ist freilich, dass sobald ein Tier als Raubzeug gilt für Schäden an Ackerkulturen, die durch Raubzeug verursacht werden, kein Wildschaden durch die Jäger (also eine finanzielle Abgeltung für die geschädigten Landwirte) zu leisten ist. Burgenländische Lösung also.

Wie wird eine weitere Ausbreitung in Österreich verhindert?

 Dort wo man sich zu Managementmaßnahmen zur Eindämmung der Nutrias entschließt, rückt man dem Nutria im wahrsten Sinne des Wortes an den Pelz. Haben sich noch keine großen Populationen etabliert, versucht man die Nutrias durch Abschuss oder Fallenfang an der weiteren Ausbreitung zu hindern. Auf Verwechslungsgefahr mit dem Biber ist da freilich zu achten, denn der ist in Österreich streng geschützt. Wie auch schon bei anderen Neobiota wie Staudenknöterich, Ragweed, Goldrute oder Springkraut beschrieben, ist gerade in den Anfangsstadien der Ausbreitung eine effektive Bekämpfung noch möglich. Gegen die soeben genannten Pflanzen, die wir in früheren Teilen unserer Serie ja schon vorgestellt haben, ist der Kampf leider jedoch schon haushoch verloren.

Es bleibt zu hoffen, dass die Nutrias (durch die milden Winter übrigens Profiteure des Klimawandels) dem Burgenland wohlgesonnen sind und auf eine massive Invasion verzichten. Wir werden es allerdings erst in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten wissen….

 

Fotocredits:

Titelbild:

Gzen92, Schwimmender Nutria:

Basile Morin, Hier geht es zu den anderen Teilen der Serie

Teil I

Teil II

Teil III

Teil IV

Teil V

Teil VI

Teil VII

Teil VIII

Teil IX

Teil X

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