Unsere Reise durch die burgenländische Unternehmenslandschaft führt uns dieses Mal zum größten Arbeitgeber des schönsten Bundeslandes: ein Portrait über die Landesholding Burgenland GmbH in zwei Teilen.
von Clemens Faustenhammer
In unserer Serie über das burgenländische Landesbudget machen wir streng genommen die Finanzen der Gebietskörperschaft des Bundeslandes zum Thema. Abseits dieser „juristischen Person des öffentlichen Rechts“ existieren privatrechtliche Firmenkonstruktionen, an denen das Bundesland Burgenland beteiligt ist. Manchmal vollends zu 100 Prozent als Alleineigentümer und manchmal als Mitgesellschafter am Tisch mit anderen Eigentümern.
Worin die konkreten Motive liegen, kann unterschiedliche Gründe für die auslagernde Stelle wie eben ein Bundesland haben. Ein gewichtiges Argument ist wohl die Auslagerung von Aktivitäten, die nicht den Kernaufgaben einer öffentlichen Gebietskörperschaft wie dem Land Burgenland entsprechen. Daher werden jene Einrichtungen im Sinne der operativen Effizienzverbesserung ausgegliedert, die typische unternehmerische Tätigkeiten erbringen und sich mit den Prozessen der Verwaltungsbürokratie eher nicht vertragen (Stichwort Output- statt Inputorientierung). Hinzu kommen organisatorische wie steuerrechtliche Aspekte bzw. Vorteile von privatrechtlichen Gesellschaften (Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft) im Vergleich zu einer Körperschaft öffentlichen Rechts.
Weiters darf die Bündelung von Risiken (Haftungsfrage!) in der für einen bestimmten Geschäftszweck gegründeten Gesellschaft ins Treffen geführt werden. Ein zentraler Punkt bei der Ausgliederung besteht in der Übertragung von Vermögen in das neue Unternehmen. Die Rechnung ist simpel: Vermögen der abgebenden Körperschaft gegen Anteile an der augelagerten Gesellschaft.
Dies kann zu einer Entlastung des finanziellen Haushalts der Gebietskörperschaft führen, wenn beispielsweise Schulden oder Personalkosten ausgelagert werden und damit die Verbindlichkeiten gegenüber Dritten nicht mehr als Teil des Landesbudgets darzustellen sind. Die Haftungen für die „Altschulden“ sind davon unberührt. Dennoch muss festgehalten werden, dass eine finanzielle Verflechtung de facto erhalten bleibt – neben der Eigentümerstruktur sowie der im Gesellschaftsvertrag verbrieften Einflussrechten (Durchgriffs- und Informationsrecht). Bekannte Beispiele sind Investitionszuschüsse für die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern oder allfällige Kapitalerhöhungen für die finanzielle Stärkung der Gesellschaft.
Von den geschilderten Vorteilen macht auch das Land Burgenland reichlich Gebrauch, wie ein schneller Blick in das Firmenbuch verrät. Die mit Abstand wichtigste Gesellschaft darunter ist wohl die Landesholding Burgenland GmbH, über deren wirtschaftliche Bedeutung für den Standort Burgenland im weiteren Verlauf des Beitrags ausführlich berichtet wird.
Beteiligungen des Landes Burgenland (Quelle: Firmenbuch, abgerufen: 03.09.2024)
Achtung: Verwechslungsgefahr!
Zunächst sei ein Hinweis erlaubt, um der nicht unwahrscheinlichen Gefahr einer Verwechslung vorzubeugen. Auf den ersten Blick mag es sich bei der Burgenland Holding und Landesholding Burgenland um ein und dasselbe Unternehmen handeln, doch Obacht! Bei der Burgenland Holding AG ist nicht nur die Rechtsform eine andere (Aktiengesellschaft), sondern auch der Zweck anderwärtig. Sie ist eine Holdinggesellschaft, die 49 Prozent der Anteile an der Burgenland Energie AG (vormals Energie Burgenland AG) hält. Mehrheitsaktionär der Burgenland Holding AG ist die EVN AG, die unverändert einen Anteil von rund 74 Prozent am Grundkapital hält. Über zehn Prozent der Anteile werden von der Verbund AG und knapp sieben Prozent von der Wien Energie GmbH gehalten. Die übrigen Aktionäre komplettieren als der sogenannte Streubesitz den fehlenden Anteil.
Von der WI-BAG zu den zehn Säulen
Die laut Firmenbuch ursprünglich in den frühen 1990er Jahren als Wirtschaftsservice Burgenland (WiBAG) gegründete Landesholding Burgenland beschreibt sich in ihrem Selbstverständnis als „Dienstleister für alle BurgenländerInnen“.
Als eine klassische Holding-, sprich Beteiligungsgesellschaft besteht der primäre Zweck darin, Kapitalbeteiligungen an anderen Unternehmen zu halten. Im Falle der pannonischen Variante werden aktuell 81 verschiedene vollkonsolidierte Beteiligungen unter dem Dach der Landesholding Burgenland gebündelt. Dies umfasst über 6.600 Mitarbeiter, die in den unterschiedlichen Gesellschaften in Burgenlands größter Unternehmensgruppe beschäftigt sind.
Inhaltlich gliedert sich die Landesholding in zehn Geschäftsbereiche oder Säulen, in der jeweils mindestens ein Leitunternehmen angesiedelt ist. Unter den vielfältigen Geschäftsmodellen sind sowohl markt- bzw. profitorientierte als auch gemeinwohlorientierte Organisationen zu finden.
Die zehn Säulen der Landesholding Burgenland (Quelle: Offizielle Website)
Bekannte Beispiele sind die Fachhochschule Burgenland (Säule Bildung) oder die Technologiezentren (Säule Immobilien & Infrastruktur) und Business Parks (Säule Wirtschaft). Für recht viel Aufsehen sorgten insbesondere die Übernahmen im Thermenbereich wie in Stegersbach oder Lutzmannsburg. Übrigens: in der Säule „Energie“ hält die restlichen 51 Prozent der Anteile an der Burgenland Energie AG die Landesholding. So schließt sich der Kreise anhand des vorhin skizzierten Anschauungsbeispieles.
Zentralisierte Leistungen und eine Marke
Die Landesholding Burgenland erbringt für alle Konzernunternehmen zentrale Dienstleistungen. Im betriebswirtschaftlichen Fachjargon spricht man von sogenannten „Shared Services“, die von den (meisten) Landesunternehmen benötigt aber nicht selbst erbracht werden müssen. Durch dieses Angebot vermeidet man allfällige Doppelgleisigkeiten in den Strukturen, während der Fokus in den einzelnen Organisationen auf das Kerngeschäft gelegt werden kann. Das gehobene Synergiepotential sollte in der Praxis zu einer geringeren Kostenbelastung führen. Das Angebot an erbrachten Leistungen umfasst u.a. den Einkauf, Beteiligungs-Controlling, Buchhaltung, Finanzierungen, Fuhrparkmanagement, IT-Infrastruktur, Personalmanagement oder Recht.
Die „Shared Services“ der Landesholding Burgenland (Quelle: Jahresbericht 2023)
Ein zentraler Eckpfeiler der „Shared Services“ ist Marketing und Kommunikation. Hierbei sticht die Übernahme des Managements über die Standortmarke Burgenland hervor. Das einheitliche Markenbild mit der rot-gelben Sonne und dem Burgenland-Schriftzug koordiniert und steuert nun die Landesholding, die dabei Richtlinien und Standards für die Verwendung der Standortmarke setzt. In Zukunft plant der neue Marken-Schirmherr auf Basis einer Marktforschungsstudie unterschiedliche Markenbotschafter einzusetzen, die den Standort mit den „typischen Bereichen des Burgenlandes“ (wir sind gespannt wie ein Rexgummi, welche das sein werden!) öffentlichkeitswirksam bewerben sollen.
So geht’s weiter!
Im zweiten Teil werden wir uns die finanzielle Lage des „Burgenland-Konzerns“ zu Gemüte führen. Warum die Landesholding landläufig als ein Politikum dargestellt wird, wer die Organisation leitet und wer die Kontrolle ausübt, werden wie genauso erörtern. Außerdem gehen wir der Frage nach, was der Rechnungshof über den größten Arbeitgeber des schönsten Bundeslandes zu berichten weiß. Das alles gibt’s demnächst hier auf unserem Blog zu lesen.
Wie hat euch unser Stück über die Landesholding Burgenland gefallen? Teilt uns gerne eure Meinung mit einem Kommentar mit!
Hier die Links zu den anderen Artikeln der Serie:
- Teil 1 – Burgenlands Unternehmen – eine Zeitreise in mehreren Teilen
- Teil 2 – Die HITIAG in Neufeld an der Leitha
- Teil 3 – Neudoerfler Möbel vom Familien- zum österreichischen Leitbetrieb
- Teil 4 – Vossen aus Jennersdorf als Udo Jürgens Markenzeichen
- Teil 5 – Coca-Cola HBC und Römerquelle in Edelstal
- Teil 6 – Braun Lockenhaus seit 101 Jahren akribische Handwerkstechnik
- Teil 7 – Das historische Erbe der Esterhazy-Betriebe (Teil 1)
- Teil 7 – Das historische Erbe der Esterhazy-Betriebe (Teil 2)
- Teil 8 – Zuckerfabrik Siegendorf