Burgenlands Unternehmen – Braun Lockenhaus seit 101 Jahren akribische Handwerkstechnik

In der Mitte des Burgenlandes liegend beweist das einstige Familienunternehmen Braun Lockenhaus eine beeindruckende Kontinuität an feiner Handwerkstechnik. Heute ist es eines der wenigen Unternehmen in Österreich, das sich auf das alte Handwerk des Bugholzbiegens spezialisiert.

Braun Lockenhaus

 

Unsere Reise durch die burgenländische Unternehmenslandschaft setzen wir nach dem Abstecher im hohen Norden in der Mitte des Burgenlandes fort. Am Fuße der mittelalterlichen Burg Lockenhaus gründete im Jahr 1921 Johann Braun mit seinen Söhnen die „Sessel- und Holzwarenfabrik“. Heute trägt das Unternehmen sowohl den Orts- als auch den Gründernamen im Firmentitel: BRAUN Lockenhaus.

 

Der Wald als wirtschaftlicher Faktor für die Region

Die Bedeutung von Holz spielt(e) in der Region rund um die Herrschaft Lockenhaus schon seit Jahrhunderten eine besondere Rolle. Der aus dem waldreichen Umland geschlagene Rohstoff bildete für viele Dorfbewohner die wirtschaftliche Grundlage für das eigene Einkommen abseits der Land- und Ackerwirtschaft.  Die Herrschaft Lockenhaus setzte mit der sinnvollen Kombination von Forst und Verarbeitung in den Sägewerken auf eine profitable, nachhaltige Ertragsquelle. Nicht umsonst ist der Begriff der Nachhaltigkeit eng mit der natürlichen Regenerationsfähigkeit in Anlehnung an das forstwirtschaftliche Prinzip verknüpft.

Die Forstverwaltung der Esterhazy trat als wichtiger Arbeitgeber in Erscheinung. Ein großer Teil des Lockenhauser Hotters bestand aus Wald. Bewirtschaftet wurden die Nadelhölzer (Kiefern, Fichten) und Laubhölzer (vorwiegend Buchen), aus denen Brenn-, Bau- und Nutzholz gewonnen wurde. Zudem erzeugte man Holzkohle. Rund um Lockenhaus spezialisierten sich Ortschaften auf einzelne aus Holz gewonnene Produkte: Holzrechen aus Günseck, Scheibtruhen aus Bernstein oder Parkette wie Eisenbahnschwellen in Lockenhaus. Nach Glashütten wurde sogar eine Schmalspurbahn für die Beförderung des Holzes angelegt, welche 1959 endgültig eingestellt wurde. Eine für das Burgenland relativ gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur in Lockenhaus und seiner Umgebung war ein nicht unerheblicher Wirtschaftsfaktor, den die hiesigen Unternehmensgründer für sich gut zu nutzen verstanden.

 

Hundertjährige Erfolgsgeschichte „made in Lockenhaus“

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges just im Gründungsjahr des Burgenlandes expandierten Johann Braun und seine Söhne in den von der Lockenhauser Herrschaft gepachteten Hofmühlen ihr Produktsortiment. Zunächst lag der Fokus auf die Herstellung von aus Holz gefertigten Geräten für die örtliche Landwirtschaft. Er und seine Söhne wählten den Hinterhof in der Getreidemühle zu Lockenhaus als ihre erste Produktionsstätte. Spätestens mit dem Bau einer neuen Holzwarenfabrik in Hammerteich endete der Verbleib am Standort Hofmühle, welche in den Jahren zuvor durch den Einbau von Turbinen modernisiert und in der Leistungsfähigkeit aufgewertet wurde. In den neuen Fabrikanlage machte sich Braun die Wasserkraft zunutze, was wiederum einen bedeutenden Schritt für die Elektrifizierung im Ort darstellte.

Der Anteil der landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen wie Krauthobel, Nudelbretter, Getreideputzmühlen etc. nahm mit der Zeit ab, jener der Sitz-, Garten- und Schulmöbel zu. Die Hauptabnehmer kamen damals vor allem aus dem öffentlichen Bereich (u.a. Gemeinde Wien) als auch Unternehmen aus dem Tourismussektor. Ebenso engagierte sich Johann Braun außerbetrieblich, wie die Gründung eines Fremdenverkehrs- und Verschönerungs-Vereins gemeinsam mit Otmar Perl im Jahr 1930 bezeugt. Mit der schrittweisen Verlagerung der handwerklichen Tätigkeiten von Lockenhaus nach Hammerteich in der ersten Hälfte der 1920er Jahre etablierte sich das Unternehmen unter der Führung der beiden Söhne Oskar und Eduard dank einer klaren strategischen Ausrichtung auf aufwendiger zu fertigende Holzprodukte.

Mit der Zäsur des durch Nazi-Deutschland verursachten Zweiten Weltkrieges und der zwischenzeitlichen Umstellung der Produktion für die priorisierten Heeresaufträge (z.B. Munitionskisten aus Holz), folgte notgedrungen gegen Ende des Krieges die Stilllegung der Fabrik. Die Familie flüchtete nach Oberösterreich und fand nach der Rückkehr eine verwüstete Produktionsanlage vor. Der Wiederaufbau gelang in ähnlich schwieriger Ausgangslage wie in den frühen 1920er Jahren. Seit 1975 fokussierte sich der Familienbetrieb auf die Herstellung von Sitzmöbeln und Tischen aus beispielsweise Vollholz und Bugholz.

 

Überregionale Handwerkstechnik im internationalen Unternehmerverbund

Als ein Alleinstellungsmerkmal bewahrt sich das Unternehmen bis heute das Wissen und Fähigkeiten der traditionellen Bugholz-Technik. Dabei wird in der Manufaktur das Holz mithilfe von Wasserdampf gebogen. Das Bugholzbiegen stellt eine Handwerkstechnik dar, die heute nur noch wenige Unternehmen beherrschen. Seit dem Jahr 2005 befindet sich Braun Lockenhaus im Besitz der deutschen SCHNEEWEISS GmbH und einen ersten Schritt zum Aufbau einer europäischen Objektmöbelgruppe bedeutete. Laut eigener Website agiert Braun Lockenhaus als ein Marktführer im Bereich Möbel-Komplettanbieter in Österreich. Das aktuelle Produktsortiment findet Anwendung in Kongresszentren, in Hotellerie, in Sportstätten sowie im Pflegebereich. Dazu gehören funktionale Sessel- und Tischsysteme aus Vollholz, Bugholz, Holzlaminat und Stahlrohr, hochwertige Lounge- und Designmöbel sowie individueller Innenausbau.

 

 

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