Burgenlands Unternehmen – die HITIAG in Neufeld an der Leitha

Im zweiten Teil unserer Serie werfen wir einen Blick auf einen ehemals größten Arbeitgeber des Burgenlandes: die Hanf-, Jute- und Textilindustrie-Aktiengesellschaft – kurz HITIAG in Neufeld an der Leitha.

Neufeld Jute Spinnerei

Zum Auftakt der Serie über Burgenlands Unternehmen haben wir einen zeitlichen Bogen über die allgemeine Wirtschaftsgeschichte des östlichsten Bundeslandes Österreichs gespannt. Im zweiten Teil  blicken wir gezielt auf ein vormaliges Großunternehmen auf pannonischem Boden in Neufeld an der Leitha: die ehemalige Erste ungarische Jutespinnerei und -weberei, welche später in die Hanf-, Jute- und Textilindustrie-Aktiengesellschaft – kurzum HITIAG – aufging.

Noch heute prägt die industrielle Vergangenheit das Erscheinungsbild des Ortes. Lange Zeit bot der Arbeitgeber die meisten Industrieplätze im Burgenland an und bildete einen zentralen Faktor für die österreichische Textilindustrie an. Mit der Werksansiedlung im Jahr 1889 im damaligen auf ungarischer Reichshälfte befindlichen Lajtaújfalu setzte ein unvergleichlicher wirtschaftlicher Aufschwung ein. Wo gearbeitet wird, muss auch gewohnt werden (vor allem eingedenk der eingeschränkten Mobilität der Bevölkerung am Ende des 19. Jahrhunderts). Wohnungen für Arbeiterinnen und Arbeiter – sogenannte Werkskolonien – werden unweit der Neufelder Fabrik errichtet.

 

Von Aufschwung und Ende der HITIAG

Die Erstellung von Jutesäcken war vor allem für den Handel von existenzieller Wichtigkeit. Da Plastik als Material noch nicht in Verwendung, wurde ein günstiges und zuverlässiges Verpackungsmaterial gesucht und u.a. in Neufeld produziert. Der im Vergleich mit anderen (west-)europäischen Regionen verspätete Wirtschaftsaufschwung in der k.u.k.-Doppelmonarchie Österreich-Ungarn brachte eine erhöhte Nachfrage von Verpackungsmaterial für landwirtschaftliche Gebiete im agrarisch geprägten Westungarn. Diese Nachfrage ging einher mit einer beginnenden Industrialisierung des Wiener Beckens und bedeutete einen markanten Strukturwandel.

Mit über 2.000 Arbeiterinnen und Arbeitern waren bis zur Stilllegung der Jutefabrik im Jahr 1972 mehr Industriejobs in Neufeld angesiedelt als im Rest des gesamten Burgenlandes. Trotz anfänglicher Hochkonjunktur, ein vergleichsweise zu Wiener Neustadt ohne große Schäden durch Luftangriffe verschontes Neufeld war ein Wiedererlangen alter Stärke nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben. Die Liberalisierung der Wirtschaft und Rationalisierungsmaßnahmen kosteten Jahr für Jahr zahlreiche Arbeitsplätze. Die Verringerung des Personals von 580 auf 320 Arbeitskräfte war im Jahr 1970 der finale Schritt in Richtung Ende der traditionsreichen Jutefabrik.

Mit dem Konkurs der Muttergesellschaft AUTEXA im Krisenjahrzehnt der 1980er Jahre war es auch um das Ende der HITIAG bestellt. Die letzten Teile der ehemaligen HITIAG-Werkshallen wurden 1989 seitens eines anderen Unternehmens endgültig dichtgemacht und die Arbeitsplätze woanders hin verlagert.

 

Neues Wahrzeichen anstatt rauchender Schornsteine

Heute steht am Ort der ehemaligen Fabrikhallen das moderne Wahrzeichen Neufelds. Der von Anton Polster und Alois Leser entworfene Plan, einen Uhrturm an jener Stelle zu errichten, wo früher die Schornsteine rauchten, wurde in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre realisiert. Der Uhrturm als Denkmal soll die kommenden Generationen an die industrielle Blütezeit der ehemaligen Industriehochburg Neufeld erinnern, steht es auf der Website der Gemeinde beschrieben.

Neufeld Uhrturm HITIAG

Neufelds Denkmal: der Uhrturm (Quelle: Best of Burgenland)

Wie erlebt ihr das „industrielle Erbe“ im Burgenland? Teilt uns gerne eure persönliche Wahrnehmung und Erfahrungen mit einem Kommentar mit!

 

Referenzen zu verwendeten Medien:

🗨 Kommentare ( 0 )