Unsere Serie über die drei G’s geht in die nächste Runde und steht diesmal für Grundlage der Nahrungskette, Gleichgewicht durch Gegenspieler und Glieder der Nahrungskette. Am Beispiel der Blattläuse lässt sich das alles hervorragend beschreiben.
von Franz Lex
Blattläuse bilden zusammen mit Weißen Fliegen, Schild- und Wollläusen die Gruppe der Pflanzenläuse, von denen es in Mitteleuropa einige hundert Arten gibt. Blattläuse sind neben Schnecken und (seit einigen Jahren) Grünen Reiswanzen unsere „verlässlichsten Pflanzenbesucher“ in unserem Garten. Das fragile und fast durchsichtige Aussehen bewirkt die weiche und leicht verletzliche Haut. Die 1-4 mm großen Insekten kommen in verschiedenen Farben vor wie grün, gelb, grau, schwarz, rot- und schwarzbraun.
Blattläuse haben eine lange Geschichte
Blattläuse leben seit etwa 200 Millionen Jahren auf der Erde. Der älteste fossile Fund stammt aus Australien. Unser Burgenland liegt vor 150 Millionen Jahren noch viele Meter unter dem Meeresspiegel. Vor ca. 400.000 Jahren besiedeln die Neandertaler auch Mitteleuropa und sterben vor ca. 40.000 Jahren aus. Erst vor ca. 45.000 Jahren wandert der moderne Mensch in Europa ein.
Explosionsartige Vermehrung von Frühjahr bis Herbst
Aus den überwinternden Eiern schlüpfen schon im zeitigen Frühjahr geflügelte Blattlausweibchen, die sich auf „ihren“ Pflanzen ansiedeln und nach ca. zwei Wochen täglich einige flügellose Weibchen lebend gebären. Schon nach ca. 14 Tagen gebären die jungen Weibchen wieder flügellose Individuen. Bei Überpopulation oder Angriffen von Fressfeinden werden geflügelte Weibchen geboren, die zu anderen Pflanzen fliegen und weitere Kolonien und Generationen mit flügellosen Blattläusen gründen. So entstehen bis in den Spätherbst viele Generationen an „geklonten“ Weibchen auf vielen Pflanzen. Im Laufe der Entwicklung häuten sich Blattläuse mehrmals. In der Nähe der Kolonie findet man die alten Hüllen.
Unter dem namensgebenden Blatt finden sich viele Läuse (die gelben Eier sind übrigens vom Marienkäfer).
Es gibt im Laufe einer Saison keine Männchen
Erst am Ende der Saison werden Männchen geboren, die sich mit Weibchen paaren, um die nächste Generation für das nächste Jahr in Form von Eiern zu sichern, die auf Zweigen, Ästen und in der Rinde von Baumstämmen abgelegt werden und niedere Temperaturen überstehen.
Pflanzen sind die Grundlage der Nahrungskette
Pflanzen stehen am Anfang der Nahrungskette. Mit der Energie der Sonne (Photosynthese) bilden Pflanzen aus anorganischen Stoffen, die sich in der Erde, im Wasser und in der Luft befinden, eine energiereiche Biomasse (Wurzeln, Stamm, Äste, Rinde, Halme, Blätter, Nadeln, Blüten, Früchte, Samen).
Nahrungskette bedeutet: „Fressen und gefressen werden, womit das Gleichgewicht durch Gegenspieler wieder hergestellt wird“!
Die Biomasse wird von Insekten und deren Larven bzw. Raupen, Vögeln und Säugetieren gefressen, wobei jede Lebewesensart wieder Nahrungsgrundlage einer anderen Art ist, ausgenommen das Lebewesen am Ende der Nahrungskette.
Einige Beispiele von Nahrungsketten:
„Karotte – Blattlaus – Marienkäfer – Raubwanze – Fledermaus – Waldkauz – Habicht“.
„Holunderstrauch – Blattlaus – Feldsperling – Sperber – Uhu“.
„Paprikapflanze – Blattlaus – Feldwespe – Zauneidechse – Schlingnatter – Iltis – Fuchs“.
„Salat – Blattlaus – Spinne – Hundertfüßer – Blindschleiche – Turmfalke – Habicht“.
Die Tiere am Ende der Nahrungskette, wie Habicht, Uhu und Fuchs, haben keine natürlichen Feinde, sterben eines natürlichen Todes und werden als Aas von anderen Tieren gefressen oder von Pilzen und Bakterien zersetzt, womit sich der Kreis wieder schließt.
Eine Florfliegenlarve beim verspeisen einer Blattlaus.
Ein Sperberweibchen mit erlegtem Feldsperling.
Blattläuse sind wichtige Glieder der Nahrungskette
Eine wichtige Nahrung für viele Vogelarten, Feldwespen, Marienkäfer, Laufkäfer, Weichkäfer, Heuschrecken, Raubwanzen, Spinnen und Larven von Schwebfliegen, Schlupfwespen, Florfliegen und Marienkäfer sind Blattläuse. Ob sie nützlich oder schädlich sind, soll gar keine Frage sein.
Für jedes „Kraut“ gibt es die dazu passenden Blattläuse
Blattläuse besiedeln alle Pflanzen, die in einem natürlichen Garten wachsen: Gemüse, Unkräuter, Gräser, Stauden, Laub- und Nadelbäume und Sträucher. Auch Brennnessel und Distel werden nicht verschont. Sie leben in Kolonien oder kleineren Gruppen auf einjährigen Trieben und Unterseiten von jungen Blättern, stechen mit dem Rüssel die Pflanzenadern an und saugen den zucker- und eiweißhaltigen Saft aus. Manche Blattlausarten leben in der Erde und saugen an Wurzeln von Pflanzen. In einem natürlichen Garten sind Blattlauskolonien nach einigen Tagen wieder Geschichte, da die Gegenspieler perfekte Arbeit leisten.
Honigtau lockt Ameisen, Bienen, Wespen etc. an
Den überschüssigen Zuckersaft, der Honigtau genannt wird, scheiden die Blattläuse wieder aus. Dadurch entsteht eine klebrige Masse an den darunterliegenden Pflanzenteilen, die viele Tiere als wertvolle Nahrung verzehren. Ameisen, die die Blattläuse auch gegen deren Fressfeinde verteidigen, melken sie und versorgen auch ihre Jungen mit dem Honigtau.
Gemeinsamer Arbeitsplatz Blattunterseite: Marienkäferlarve beim Fressen und Ameise beim Melken. (Eine Larve verspeist in den drei Wochen bis zur Verpuppung ca. 500 Blattläuse siehe auch hier.)
Aus Honigtau wird der wertvolle Waldhonig produziert
Honigbienen sammeln den Honigtau von Nadelbäumen und stellen für uns Menschen den würzigen Waldhonig her. Und der Mensch: Er spielt weder in der Natur noch in der Nahrungskette eine Rolle!
Praktische Tipps für ein natürliches Gleichgewicht im Garten:
- Eine gute Voraussetzung für ein Gleichgewicht und gegen eine Blattlausplage im Garten ist nicht eine naturnahe mit monotonen Flächen, sondern eine natürliche Bewirtschaftung mit verschiedenen Pflanzen, denn die Artenvielfalt der Pflanzen bewirkt die Artenvielfalt der Gegenspieler.
- Ideale Lebensräume für die Gegenspieler der Blattläuse bilden Vogelschutzhecken, Nistkästen, Totholzhecken und Blumenwiesen mit Wiesenblumen und keine künstlich angelegten Blühflächen mit nicht heimischen Pflanzen. Blumenwiesen werden abschnittsweise erst nach der Samenbildung naturschonend mit Sense und/oder Fingermähwerk gemäht, wobei auf einigen Abschnitten die Vegetation für die Überwinterung von Insekten, Spinnen und Kleinsäugern stehen bleibt.
- Auf Insektizide und Pestizide aller Art zur Bekämpfung von nicht nur Blattläusen, sondern auch weiteren Insekten, Spinnen und anderen Tieren soll unbedingt verzichtet werden, denn das Wort „Insektizid“ heißt „Insektenvernichtungsmittel“ und das Wort „Pestizid“ heißt „Schädlingsbekämpfungsmittel“.
- Gleichfalls soll auch auf alle möglichen angebotenen Granulate und Stäbchen und sonstigen Fabrikate zur Bekämpfung von Blattläusen, die als Pflanzenschutzmittel angeboten werden, verzichtet werden, denn hier heißt Pflanzenschutz Insektenvernichtung! Diese Mittel werden in die Erde eingearbeitet und von Pflanzen mit den Wurzeln über das Wasser und den Blattläusen mit dem Pflanzensaft aufgenommen. Somit werden nicht nur die Blattläuse, sondern sowohl die Tiere, die die Pflanze oder Pflanzenteile fressen, als auch die Tiere, die die Blattläuse fressen usw. bis zum letzten Glied in der Nahrungskette vergiftet.
- Schon mehr als höhnisch wird bei angebotenen Giften in den Erläuterungen hingewiesen, dass sie nicht bei blühenden Pflanzen eingesetzt werden sollen, die von Insekten besucht werden, da sie auch vergiftet werden, und beim Einsatz bei Obstbäumen, Obststräuchern und Gemüsepflanzen Obst und Gemüse nicht mehr genießbar sind.
- Von Blattläusen stark befallene Triebspitzen und Zweige an Obstbäumen sollen abgeschnitten und kompostiert werden.
- Die besten Methoden gegen Blattlauskolonien im Freien sind
- Abspritzen der Pflanzen mit einem starken Wasserstrahl (Pumpflasche, Schlauch mit Sprühvorrichtung) oder Abstreifen mit den Fingern, wenn sie nach einigen Tagen noch nicht von Gegenspieler angegriffen werden (Gelege, Larven, Marienkäfer),
- Versorgung der Pflanzen mit Dünger, denn nur gesunde Pflanzen sind widerstandsfähiger (Brennnesseljauche) und werden von Blattläusen nicht nachhaltig geschädigt,
- Anbringen von Nistkästen,
- Anlegen von Totholzhecken (Obstbaumschnittgut) und
- Umstellen auf biologischen Anbau und Mischkulturen.
- Seifenwasser oder Brennnesselansatz haben auch keine bessere Wirkung als Wasser, und die Herstellung kostet Arbeitszeit!
- Kapuzinerkressen neben Obstbäumen bringen nichts, da es sich um verschiedene Blattlausarten
- „Finger weg von allen chemischen Keulen!“ Was nützt der beste Honig vom Imker des Vertrauens zum Frühstück, wenn dessen Bienen Nektar und Pollen von blühenden Pflanzen sammeln, auf denen Blattläuse mit Gift bekämpft werden.
- Waldhonig enthält viele wichtige Mineralien und ätherische Öle, wirkt entzündungshemmend, lindert Husten und Heiserkeit und hilft bei schlecht heilenden Wunden.
Apropos Waldhonig und lindernde Wirkung: Damit wären wir wieder bei unserem schon traditionellen Rezept angelangt. Heute geht es um ein alt bewährtes Hausmittel, das bei Husten und Erkältung sehr gut wirkt und alljährlich immer wieder beim Ansetzen Kindheitserinnerungen weckt, dem Fichtenwipferlsaft! Dieser Saft wird auch Maiwipferlsaft genannt, da frische weiche Triebe im Mai (heuer waren es Aprilwipferl) gepflückt werden.
Die frischen Triebe werden für den Wipferlsaft gepflückt.
Zum Ansetzen in einem Schraubverschlussglas werden mit ca. 250 g Fichtenwipferl und ca. 500 g (Rohr)Zucker (mit Zucker als Abschluss) mehrere Schichten gebildet. An einem sonnigen Ort auf der Fensterbank oder am Balkon reift in ca. vier Wochen der Saft, der dann abgeseiht, in kleine Flaschen abgefüllt und an einem kühlen Ort aufbewahrt wird. Fichtenwipferl enthalten unter anderem ätherische Öle, Harze und Vitamin C.
So wird jedes Wipferl innerhalb von vier Wochen zum Genuss.
Der Mai ist zwar vorbei, deshalb gutes Gelingen im nächsten Jahr!
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Hier geht es noch zu den weiteren Teilen der Serie:
Teil 1: Zwiebel
Teil 2: Paradeiser
Teil 3: Kürbis
Teil 4: Paprika
Teil 5: Karotte & Co
Teil 6: Kohl, Kraut und Co
Teil 7: Bohnen
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