Seit letztem Sonntag sind die Gemeinderatswahlen 2022 im Burgenland endgültig geschlagen. In den verbliebenen zwölf Gemeinden herrscht nun Klarheit. Zeit also für ein sautänzerisches Resümee.
Möchte man die heurigen Gemeinderatswahlen mit einem Satz zusammenfassen, könnte dieser so lauten: im Gesamtbild erwartungsgemäß dem Trend der Landtagswahlen folgend, auf spezifischer Gemeindeebene mit der einen oder anderen Überraschung aufwartend. Die SPÖ gewann an Stimmen, Gemeinderatsmandaten wie Bürgermeistersitze (von 83 auf 95), die ÖVP hielt sich wacker jedoch mit nicht unbedeutenden Verlusten bei der Anzahl an Bürgermeistern (von 82 auf 71) und abseits mancher erfolgreicher Orts- bzw. Bürgerlisten (insgesamt 5 Bürgermeister inklusive der ÖVP-nahen ROHR-Liste) verstärkte sich die Devise für FPÖ, Grüne und NEOS unter ferner liefen. Hier das Ergebnis auf Landesebene aggregiert:
Gemeinderatswahlen 2022 im Burgenland (Quelle: eGovernment Burgenland)
Burgenlands Statutarstädte
In der Landeshauptstadt kam es zu keiner nennenswerten Veränderung der Eisenstädter Verhältnisse. Der amtierende ÖVP-Bürgermeister Thomas Steiner verlor zwar leicht gegenüber der SPÖ, behauptete dennoch in souveräner Manier die absolute Mehrheit im Gemeinderat bzw. das Amt des Bürgermeisters. In Burgenlands zweiter Freistadt, Rust am See, blieb SPÖ-Bürgermeister Gerold Stagl im Amt. Gemäß des im Stadtrecht verankerten Procederes werden die Bürgermeister der beiden Statutarstädte vom Landeshauptmann angelobt.
Bürgermeisterwahl in Eisenstadt (Quelle: eGovernment Burgenland)
Bezirk Neusiedl am See
Der Neusiedler Bezirk wird in Zukunft von wieder mehr Bürgermeistern aus den Reihen der SPÖ regiert. In Andau, Apetlon, Gattendorf, St. Andrä und Weiden am See kam es zum Wechsel von Schwarz/Türkis auf Rot. In Parndorf behauptete die Bürgerliste um Wolfgang Kovacs abermals Platz 1. Interessant die Lage im Seewinkel: hier ist nun Willibald Goldenits (ÖVP) ein schwarzer Bürgermeister im roten Tadten – denn im Gemeinderat drehte die SPÖ die einst schwarze Gemeinde.
Bürgermeisterwahl in Parndorf (Quelle: https://wahl.bgld.gv.at/wahlen/gr20221002x.nsf/index.xsp)
Bezirk Eisenstadt-Umgebung
Im Bezirk Eisenstadt-Umgebung machte der Wechsel in Purbach von sich reden. Nach Jahrzehnten einer ÖVP-Dominanz, konnte die SPÖ mit ihrem Kandidaten Harald Neumayer den Bürgermeistersitz erringen. Besser sah es für die ÖVP in Großhöflein aus, wo sich Maria Zoffmann neue Bürgermeisterin von nun an nennen darf. Spiegelverkehrt wiederum in Mörbisch, denn dort setzte sich Bettina Zentgraf (SPÖ) gegen den bisherigen ÖVP-Bürgermeister durch.
Bezirk Mattersburg
Im Mattersburger-Bezirk blieb es verhältnismäßig ruhig, denn die Wahlergebnisse hatten keine wirklichen Überraschungen parat. Von einer Überraschung träumte wohl der ehemalige FPÖ-Landesobmann Johann Tschürtz, als er sich entschloss mit der Liste „Tschürtz – Vorwärts Mattersburg“ (TVM) anzutreten und aus dem Commerzialbank-Fiasko politisches Kapital zu schlagen. Es kam anders bzw. blieb alles beim Alten: die Amtsinhaberin Claudia Schlager (SPÖ) setzte sich bereits im ersten Wahldurchgang mit über 60 % durch.
Bürgermeisterwahl in Mattersburg (Quelle: eGovernment Burgenland)
Bezirk Oberpullendorf
Im Bezirk Oberpullendorf erzielt die SPÖ ihr beste Ergebnis mit 53 %. In diesem Bezirk sind – abgesehen von der Dominanz von SPÖ und ÖVP – auch die Bürgerlisten erwähnenswert, die immerhin 4,9 % der Stimmen erhalten haben.
In der Bezirkshauptstadt selber konnte die ÖVP ihre Vormachtstellung weiter ausbauen und die absolute Mehrheit festigen.
Klare Verhältnisse entgegen des SPÖ-Trends herrschen in der Bezirkshauptstadt Oberpullendorf (Quelle: eGovernment Burgenland)
Interessant ist freilich auch ein Blick nach Deutschkreutz, das traditionsgemäß eine Hochburg der Bürgerlisten war. Hier hat die Liste Burgenland sowohl den Bürgermeistersessel als auch die Mandatsmehrheit im Gemeinderat verloren.
Eine ausgewogene Verteilung der Gemeinderäte herrscht in Deutschkreutz (Quelle: eGovernment Burgenland)
Bezirk Oberwart
In Südburgenlands bevölkerungsreichstem Bezirk konnte die ÖVP (42 %) im Bezirksvergleich leicht zulegen. Einzigartig bei dieser Wahl! Die SPÖ jedoch erreichte 49 %, was ungefähr der burgenländische Durchschnitt ist.
In der Bezirkshauptstadt Oberwart konnte die ÖVP ihren ersten Platz verteidigen und auch den Bürgermeister stellen, spannend wird es allerdings im Gemeinderat, wo die SPÖ vier Mandate aufholen konnte und nun gleichauf mit der ÖVP liegt.
Im Oberwarter Gemeinderat liegen Rot und Schwarz gleichauf (Quelle: eGovernment Burgenland)
Bezirk Güssing
Im Bezirk Güssing bleibt – so scheint es auf den ersten Blick – alles beim Alten, ähnlich wie in Oberwart. Bezirksweit konnte die SPÖ die ÖVP zwar überholen, beide Parteien rangieren jedoch mit 47,2 % (SPÖ) und 45,8 % (ÖVP) auf vergleichsweise hohem Niveau. Die anderen Parteien sind Randnotizen.
Rohr ist die einzige Gemeinde – wie auch schon 2017 – in der eine Bürgerliste Mandatsmehrheit hat und den Bürgermeister stellt. Allerdings tritt die ÖVP in Rohr nicht an. Österreichs kleinste Gemeinde darf auch nicht unerwähnt bleiben: in Tschanigraben konnte die SPÖ 100 % aller gültigen Stimmen für sich erringen. Das liegt vermutlich auch daran, dass die SPÖ die einzige Partei war, die in Tschanigraben angetreten ist…
In Tschanigraben herrschen eindeutige Verhältnisse (Quelle: eGovernment Burgenland)
Bezirk Jennersdorf
Was sich bei der Gemeinderatswahl 2017 schon abgezeichnet hat, hat sich nun 2022 weiter verstärkt: die SPÖ konnte die Dominanz im traditionell ÖVP-geprägten Bezirk weiter ausbauen. Grüne und NEOS sind quasi nicht vorhanden, die FPÖ halbiert. Bemerkenswert ist der Erfolg der Bürgerlisten in Jennersdorf und Eltendorf.
In Jennersdorf konnte die Liste JES bei ihrem zweiten Antreten die absolute Mehrheit erreichen und stellt mit Reinhard Deutsch wieder den Bürgermeister. Ähnliches trifft auf Eltendorf zu. Hier stellt die dortige Bürgerliste den Bürgermeister und hat die relative Mehrheit im Gemeinderat.
Einen fulminanten Wahlsieg feierte die Liste JES in Jennersdorf (Quelle: eGovernment Burgenland)
Zum Abschluss ein Detail am spricwörtlichem Rande: In Sankt Martin an der Raab errang die Liste MFG, die in jedem Bezirk angetreten ist, burgenlandweit den einzigen Gemeinderat.
Was waren eure Highlights bei der Gemeinderatswahl 2022 im Burgenland? Teilt uns gerne eure Meinung mit einem Kommentar mit!
Zum Nachlesen der Serie:
👉 Teil 1: Auftakt zur Gemeinderatswahl 2022 im Burgenland
👉 Teil 2: Gemeinderatswahl 2022 im Burgenland: die unabhängigen Bürgerlisten
👉 Teil 3: Gemeinderatswahlen im Burgenland: Interview mit Joschi Hochwarter, Gemeinderat in Jennersdorf
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