Burgenlands Bezirke in Zahlen: Neusiedl am See (Teil 3)

Im dritten Teil unserer Serie betrachten wir den Bezirk Neusiedl am See, Burgenlands bevölkerungsreichsten Bezirk, unter demographischen Gesichtspunkten wie Bevölkerungsentwicklung, Arbeit, Wohnen und Mobilität.

In unserer vor einigen Wochen lancierten Beitragsserie berichten wir über die aktuelle Lage anhand unterschiedlicher Schwerpunkte wie Arbeit, Wohnen, Bildung, Gesundheit etc. Unter Zuhilfenahme dieses Orientierungsrahmens analysieren wir nun im (mehr oder weniger) regelmäßigen Abstand die einzelnen sieben Bezirke und die beiden Freistädte Eisenstadt und Rust in gewohnt datenbasierter, stets nüchterner Manier. Nach dem Auftakt im Mittel-Burgenland und unserem ersten Abstecher in den Süden wenden wir uns gen Hohen Norden und landen – voilà – im gleichzeitig größten und bevölkerungsreichsten Bezirk des Burgenlandes: Neusiedl am See.

Den Ausgangspunkt, welchen wir jedes Mal für den demographischen Vergleich unterschiedlicher Regionen heranziehen, ist die Bevölkerungsentwicklung im historischen Vergleich. Auf den ersten Blick sagt uns die Statistik recht deutlich, dass die Bevölkerungszahl mit aktuell ca. 60.000 lebenden Menschen im Bezirk Neusiedl seit zwei Jahrzehnten den Oberwarter Bezirk als bevölkerungsstärksten Distrikt an der Spitze ablöste (Anm. zur Grafik: der Bezirk Eisenstadt-Umgebung landet bereinigt um die beiden Freistädte bei ca. 44.000 Einwohnern).

Bevölkerungsentwicklung

Bevölkerung in der historischen Entwicklung nach Bezirken von 1923 bis 2021 (Quelle: Statistik Burgenland)

Auch die Prognose für die Bevölkerungsentwicklung liest sich erwartungsgemäß dem Trend folgend positiv. Der Vergleich mit den beiden südlichen Bezirken mit starken Abwanderungstendenzen, Jennersdorf und Güssing, erhärten diesen Befund zweifelsohne.

Bevölkerungsschätzung nach Bezirken bis 2075 (Quelle: Statistik Burgenland)

Schauen wir uns den Bereich Mobilität an, dann reiben sich wohl alle politischen Vertreter der restlichen sechs Bezirke des Burgenlandes die Augen. Denn man kann wohl – mit Ausnahme der Landeshauptstadt Eisenstadt – mit Fug und Recht behaupten, dass das Leben im Neusiedler Bezirk ohne einem individuellen Verkehrsmittel halbwegs denkmöglich erscheint. Eine gut ausgebaute Bahninfrastruktur im Bezirk verbindet die Bezirkshauptstadt Neusiedl am See mit Wien, Eisenstadt und dem angrenzenden Ungarn in Richtung Budapest. Zudem führt die Bahnstrecke ab Parndorf abseits der Hauptstrecke nach Ungarn über die Zweigstrecke via Kittsee nach Petrzalka-Bratislava. Für die Neusiedler Pendler wichtig ist indessen die Verbindung nach Wien, wohin es mit der Bahn knapp 40 Minuten zum Hauptbahnhof dauert.

Fahrplan Neusiedl Wien

 

Fahrplanabfrage auf der ÖBB-Website (Quelle: ÖBB)

Hervorzuheben ist in jedem Fall das hochrangige Verkehrsnetz für den individuellen Personenverkehr. Durch den Bezirk verläuft von Westen nach Osten die A4 Ost-Autobahn von Wien kommend bis nach Budapest. Weiters kann seit dem Jahr 2007 ausgehend vom Knoten Bruckneudorf durch die A6 Nordost-Autobahn in die Slowakei nach Bratislava das eigene motorisierte Vehikel bewegt werden. Ebenso sei für mehr Details zum Neusiedler Bezirk abermals auf das relevante Mobilitätsinfoblatt verwiesen.

Das mit dem Arbeit finden im Heimatbezirk ist querbeet im Burgenland per se keine simple Sache. Dem Anspruch gerecht zu werden, einen der eigenen Ausbildung und Fähigkeiten entsprechenden Job zu finden, ist je nach Anforderungsprofil mitunter eine unlösbare Aufgabenstellung aufgrund des Mangels offener Jobpositionen. Unseren ersten Annährungsversuch starten wir mit der umfassenden Erwerbsstatistik, welche die Statistik-Abteilung des Land Burgenland für das Jahr 2019 zur Verfügung stellt:

Neusiedl Erwerbstätige Pendler

Burgenlands Erwerbstätige und Pendler im Überblick (Quelle: Statistik Burgenland)

 

Auf den Bezirk Neusiedl am See umgemünzt, beträgt der Anteil an Pendler ca. 72 Prozent, was marginal unter dem Burgenland-Durchschnitt 74 Prozent liegt. Anders ausgedrückt finden von hundert erwerbstätigen Ortseinwohnern 28 Personen eine Arbeit in derselben Wohngemeinde. Fast ein weiteres Viertel der Pendler finden eine Arbeit im selben politischen Bezirk.

Die Coronapandemie bedeutet(e) für den Arbeitsmarkt eine Zäsur. Während sich der Arbeitsmarkt zusehends erholte und aktuell (noch) Rekordbeschäftigung im Lande herrscht, bleibt abzuwarten wie sich die wirtschaftliche Situation im Zuge des Krieges in der Ukraine, steigenden Preisen durch Inflation und wohl bald anziehenden Zinsen in naher Zukunft entwickeln wird. Stellen wird die Zahl der Beschäftigungslosen, also jener Personen, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos vorgemerkt sind oder an Schulungen teilnehmen, mit der Anzahl an offenen Stellen gegenüber, bedeutet dies, dass im Mai 2022 auf beinahe jede zweite Person im Neusiedler Bezirk eine offene Stelle entfällt:

Neusiedl am See Arbeitsmarkt

Beschäftigungslose und offene Stellen auf Basis der Zahlen für Mai 2022 (Quelle: AMS Burgenland)

Wer sich mit einem adäquaten Arbeitsplatz glücklich schätzt und diesen aufgrund einer ausreichend ausgebauten Infrastruktur in zumutbarer Zeit auch erreichen kann, dürfte sich wohl ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, sich in der Heimatregion dauerhaft niederzulassen. Allerdings zogen die Grundstückspreise auch im Burgenland in den letzten beiden Jahrzehnten ordentlich an. In der Bezirkshauptstadt Neusiedl am See können die Leute ein Lied davon singen, heben sich die auf dieser Website veröffentlichten Preisdaten (ja, es handelt sich um Durchschnittswerte) deutlich von anderen Bezirken ab – sehr zum Leidwesen jener Menschen, die sich nicht im Besitz eines Grundstücks in Burgenlands nördlichstem Bezirk wähnen:

Neusiedl am See Grundstückspreise

Übersicht Grundstückspreise im Bezirk Neusiedl am See (Quelle: Simil.io)

Zuletzt werfen wir einen Blick auf die aktuelle Situation im Gründerwesen. Ein Indikator für die Entfaltung des unternehmerischen Potentials in Neusiedl am See ist die jährliche Statistik der Wirtschaftskammer zu den Neugründungen. Insbesondere die im Fachjargon als Gründungsintensität zitierte Kennzahl, welche die Anzahl an Unternehmensgründungen je 1.000 Einwohner ins Verhältnis setzt, zeigt sich ein ambivalentes Bild. Zwar erreichte der Neusiedler Bezirk den zweithöchsten Wert an Neugründungen, allerdings liegt die Gründungsintensität mit einem Ergebnis von 4,9 unter dem Durchschnittswert auf das gesamte Burgenland bezogen (5,2).

Neusiedl am See Neugründungen

Darstellung zu Unternehmensneugründungen und Gründungsintensität im Jahr 2021. (Quelle: WKÖ Burgenland)

 

Wie hat euch unser Lagebild zur Situation im Bezirk Neusiedl am See gefallen? Teilt uns gerne eure Meinung mit einem Kommentar mit!

Zum Nachlesen Serie Burgenlands Bezirke in Zahlen:

👉 Teil 1: Oberpullendorf

👉 Teil 2: Güssing

🗨 Kommentare ( 0 )