Im bereits sechsten Teil unserer Serie betrachten wir den Bezirk Jennersdorf im Südburgenland unter demographischen Gesichtspunkten wie Bevölkerungsentwicklung, Arbeit, Wohnen und Mobilität.
In unserer im ersten Halbjahr dieses Jahres begonnenen Beitragsserie berichten wir über die aktuelle Lage in Burgenlands sieben Bezirken anhand unterschiedlicher Schwerpunkte wie Arbeit, Wohnen, Bildung, Gesundheit etc. Nach bereits fünf Artikeln, auf welche wir am Ende dieses Beitrags nochmals gerne referenzieren dürfen, wenden wir uns zum letzten Male dem Süden zu. Heute berichten wir über den wohl in unserer Eigenwahrnehmung „steirischsten“ Bezirk: Jennersdorf.
Den Ausgangspunkt, der oftmals für den demographischen Vergleich unterschiedlicher Regionen herangezogen wird, ist die Bevölkerungsentwicklung im historischen Vergleich. Gewohnt faktenbasiert erkennen wir auf den ersten Blick, dass die Bevölkerungszahl mit aktuell knapp über 17.000 lebenden Menschen im Bezirk Jennersdorf seit Jahrzehnten kontinuierlich schrumpft.
Bevölkerung in der historischen Entwicklung nach Bezirken von 1923 bis 2021 (Quelle: Statistik Burgenland)
Auch die Prognose für die Bevölkerungsentwicklung liest sich keineswegs positiv. Im Vergleich mit den beiden nördlichen Zugpferden Neusiedl am See und Eisenstadt-Umgebung wirken die Aussichten konsternierend.
Bevölkerungsschätzung nach Bezirken bis 2075 (Quelle: Statistik Burgenland)
Schauen wir uns den Bereich Mobilität an, kann erfreulicherweise festgehalten werden, dass die südlichste Bezirkshauptstadt des gleichnamigen Bezirkes immerhin über ein Eisenbahnnetz in die steirische Landeshauptstadt Graz und dem ungarischen Szentgotthárd verbunden ist. Zu guter Letzt zieht sich das seit Jahren geplante Vorhaben, die Bahnstrecke zwischen Fehring und Ungarn auf dem Gebiet des Jennersdorfer Bezirkes zu elektrifizieren, wie ein Kaugummi. Nach 2027 soll es tatsächlich soweit sein und die Fahrzeit vom einzigen Bahnhof mit Personenverkehr im Südburgenland nach Graz eine Stunde dauern.
Fahrplanabfrage auf der ÖBB-Website (Quelle: ÖBB)
Mit der G1-Expressbuslinie und dem Südburgenlandbus werden Angebote für die örtliche Bevölkerung geschaffen, um auf verhältnismäßig schnellem Wege nach Wien, Graz oder innerhalb der Region öffentlich zu pendeln. Ebenso sei für mehr Details zur Mobilität in Jennersdorf auf eine interessante Studie verwiesen, die im Jahr 2018 publiziert wurde.
Das mit dem Arbeit finden im Heimatbezirk ist per se keine simple Sache. Dem Anspruch gerecht zu werden, einen der eigenen Ausbildung entsprechenden Job zu finden, ist je nach Anforderungsprofil mitunter eine unlösbare Aufgabenstellung. Der banale Grund dafür: es herrscht ein Mangel offener Jobpositionen vor. Unseren ersten Annährungsversuch starten wir mit der umfassenden Erwerbsstatistik, welche die Statistik-Abteilung des Land Burgenland für das Jahr 2020 zur Verfügung stellt:
Burgenlands Erwerbstätige und Pendler im Überblick (Quelle: Statistik Burgenland)
Für den Bezirk Jennersdorf beträgt der Anteil an Pendler genau 76 %, was im Wesentlichen dem Burgenland-Durchschnitt entspricht (75 %). Anders ausgedrückt findet von hundert erwerbstätigen Ortseinwohnern ein Viertel davon eine Arbeit in derselben Wohngemeinde. Knapp 15 % der Pendler können einer Arbeit im selben Bezirk nachgehen, d.h. für knapp 60 Prozent der Erwerbstätigen liegt der Arbeitsplatz außerhalb des eigenen Bezirkes. Interessantes Detail am Rande: insgesamt pendeln mehr als 37 % in die benachbarte Steiermark – der mit Abstand höchste (relative) Wert unter allen Bezirken des Burgenlandes.
Die Coronapandemie bedeutet(e) für den Arbeitsmarkt eine Zäsur. Während sich der Arbeitsmarkt seit Mitte 2020 zusehends erholte und aktuell (noch) – zumindest gefühlt – Rekordbeschäftigung im Lande herrscht, bleibt abzuwarten wie sich die wirtschaftliche Situation im Zuge des Krieges in der Ukraine, rasant steigenden Preisen durch Inflation und soeben erhöhte Zinsen in naher Zukunft entwickeln wird. Stellen wird die Zahl der Beschäftigungslosen, also jener Personen, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos vorgemerkt sind oder an Schulungen teilnehmen, mit der Anzahl an offenen Stellen gegenüber, bedeutet dies, dass im September 2022 auf zumindest jede vierte Person im Jennersdorfer Bezirk eine offene Stelle entfällt:
Beschäftigungslose und offene Stellen auf Basis der Zahlen für September 2022 (Quelle: AMS Burgenland)
Wer einen Arbeitsplatz hat und diesen aufgrund einer ausreichend ausgebauten Infrastruktur in zumutbarer Zeit erreichen kann, dürfte sich wohl ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, sich in der Heimatregion dauerhaft niederzulassen. Die Grundstückspreise zogen auch im Burgenland in den letzten beiden Jahrzehnten ordentlich an. Für den Bezirk Jennersdorf lässt sich auf Basis dieser veröffentlichten Preisdaten (ja, es handelt sich um Durchschnittswerte) konstatieren, dass das Preisniveau für burgenländische Verhältnisse deutlich unter dem Durchschnittspreisen anderer Bezirken liegt. Kurzum: viel günstiger geht’s wohl kaum im Burgenland.
Übersicht Grundstückspreise im Bezirk Jennersdorf (Quelle: Simil.io)
Zuletzt werfen wir einen Blick auf die aktuelle Situation im Gründerwesen. Ein Indikator für die Entfaltung des unternehmerischen Potentials in Jennersdorf ist die jährliche Statistik der Wirtschaftskammer zu den Neugründungen. Insbesondere die im Fachjargon als Gründungsintensität zitierte Kennzahl, welche die Anzahl an Unternehmensgründungen je 1.000 Einwohner ins Verhältnis setzt, zeigt eine ausgesprochen positive Tendenz und unterstreicht das verstärkte Bemühen in den letzten Jahren zur aktiven Betriebsansiedlung im südlichsten Teil des Burgenlandes.
Darstellung zu Unternehmensneugründungen und Gründungsintensität im Jahr 2021. (Quelle: WKÖ Burgenland)
Wie hat euch unser Lagebild zur Situation im Bezirk Jennersdorf gefallen? Teilt uns gerne eure Meinung mit einem Kommentar mit!
Zum Nachlesen Serie Burgenlands Bezirke in Zahlen:
👉 Teil 1: Oberpullendorf
👉 Teil 2: Güssing
👉 Teil 3: Neusiedl am See
👉 Teil 4: Oberwart
👉 Teil 5: Mattersburg
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