In unserem aktuellen Blogbeitrag machen wir mit unserer (fast schon vergessenen) Serie über Burgenlands Flüsse weiter und stellen die Wulka vor. Sie ist wahrscheinlichste der burgenländischste unserer Flüsse.
von Elias Hoffmann
Zunächst ein kleiner Exkurs zum Thema Hochwasser aus aktuellem Anlass: In Niederösterreich wurden beim Hochwasserereignis im September 2024, fast über das gesamte Bundesland verteilt, historische Niederschlagsmengen gemessen, die dann infolgedessen auch katastrophale Hochwässer ausgelöst haben. Zum Vergleich: In fünf Tagen hat es im Raum Sankt Pölten über 400 l/m² geregnet, was beinahe der durchschnittlichen jährlichen Niederschlagssumme (500-600 l/m²) im Nordburgenland entspricht. Noch ein Exkurs zum Exkurs: In Spanien hat es bei dem Ereignis Ende Oktober 500 l/m² in nur acht Stunden geregnet. Die Folgen sind medial bekannt. Da gehen einem jedenfalls bald die Superlative aus…
Kommt ein 100-jährliches Hochwasser wirklich nur alle hundert Jahre vor?
Noch eine kurze Erklärung zum 100-jährlichen Hochwasser. Prinzipiell ist das rein ein statistischer Wert und beschreibt jenes Hochwasser (in der Regel ist die Einheit Kubikmeter Wasser pro Sekunde, also m³/s), das statistisch gesehen ein Mal in 100 Jahren auftritt. Zum Vergleich: Im Wienfluss wurde ein Durchfluss gemessen, der statistisch gesehen einem 1000-jährlichen Hochwasserereignis entspricht, also statistisch gesehen 1 Mal in 1000 Jahren auftritt.
Das bedeutet freilich nicht, dass das nächste 100-jährliche Hochwasser erst wieder im Jahr 2124 kommt. Wann so ein Ereignis auftritt, lässt sich nur schwer vorhersehen. Die Niederschlagsvorhersagen im Wetterbericht im Fall des Ereignisses von Niederösterreich Mitte September, haben ziemlich genau diese Regenmengen vorhergesagt (das geht meistens halt nur ein paar Tage vorher), wodurch man auch mit massiven Hochwässern gerechnet hat und dementsprechend vorbereitet war. Katastrophal ist sowas trotzdem. Wo der Regen dann genau fällt, kann sich auch kurzfristig ändern. Eines steht jedoch fest: Im Burgenland kann so ein Ereignis auch jederzeit auftreten. Man weiß halt nicht wann und wo…
Die Wulka ist DER Fluss des Burgenlandes
Nun zur Wulka. Die Wulka ist, wenn man so will, wahrscheinlich der burgenländischste unserer Flüsse. Warum? Die Wulka ist quasi ein Binnenfluss. Sie entspringt im Rosaliagebirge bei Forchtenstein und mündet nach 38 km Fließlänge in den Neusiedlersee. Im Übrigen ist die Wulka der einzige oberirdische Zufluss des Neusiedlersees.
Der Lauf der Wulka von der Quelle bis zur Mündung (Quelle: Land Burgenland).
Wo die Wulka genau in den Neusiedlersee mündet, kann man nur schwer sagen, da sie ähnlich wie Donau oder Nil ein Delta bildet. Das heißt der Fluss bildet mehrere Arme aus, die sich verzweigen und im Schilfgürtel des Westufers des Neusiedlersees in ebendiesen fließen. Das ist für die Natur super. Weil solche Deltas sehr selten, de facto unzugänglich sind und demzufolge über eine unberührte Natur verfügen.
Woher kommt der Name Wulka?
Der Name Wulka, die kroatische und ungarische Bezeichnung lautet Vulka, wird wahrscheinlich vom slawischen Wort „vlkava“ abgeleitet, was so viel bedeutet wie „Wolfsbach“ (der letzte Wolf wurde 1896 in Österreich erlegt, für Ungarn war meine Recherche ergebnislos). Lustiges Detail am Rande: 2022 hat dieses für den Fluss namensgebende Individuum die Wulka auf der längsten jemals dokumentierten Wolfswanderung in Europa überquert.
Die burgenländische Urforelle in der Wulka?
Die Wulka hat(te) nicht nur Wölfe gern, auch Bachforellen waren einst zahlreich in der Wulka vertreten. Ähnlich der Äsche in der Lafnitz, über die wir hier berichtet haben, war der natürliche Bachforellenbestand an der Wulka uralt und quasi genetisch abgegrenzt von den anderen burgenländischen Flüssen. Autochton könnte man auch dazu sagen. Das heißt die Bachforellen an der Wulka haben über Jahrtausende (!) eine eigene (Sub-)Population gebildet, die sich über die Zeit perfekt an die Gegebenheiten in der Wulka angepasst haben und sich so in ihrer DNA auch von den Forellen anderer Flüsse unterscheidet.
Im Zuge der Recherche zu diesem Thema habe ich auch eine sehr interessante Studie der Fischfauna der Wulka gefunden. Diese Arbeit könnte man schon fast als zeitgeschichtliches Dokument ansehen: Während man bei gezielten Befischungen zur Erhebung des Fischbestandes 1998 bzw. 1988 noch eine bummvolle Wulka mit Bachforellen vorgefunden hat, kann man heutzutage davon nur träumen…
Über 150 kg Biomasse (nur Bachforelle) pro ha Fließgewässer hatte die Wulka einst aufzuweisen. (Quelle: Fischökologische Studie der Wulka 2002)
Infolge wärmer werdender Gewässer (ob durch Klimawandel verursacht oder sonstwie sei einmal dahingestellt), hat sich eine wie der Naturschutzbund hier schreibt „mysteriöse Fischkrankheit“ in Österreich ausgebreitet. Neben den hier beschriebenen Faktoren, die unsere Fischbestände über die letzten Jahrzehnte schrumpfen haben lassen und dem Aufkommen von Prädatoren wie Kormoran und Fischotter (die den Fischen in unseren degradierten Flüssen den Todesstoß verpassen) stellt eine Krankheit wie PKD ein wirkliches Mysterium dar. Ein Populationsrückgang mit Tendenz zum Aussterben der Bachforelle (!!) aufgrund PKD in Verbindung mit steigenden Wassertemperaturen wurde nach dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan aus dem Jahr 2021 (Seite 59) nachgewiesen.
Also ging es für unsere burgenländische Urforelle von absolut hui, in den letzten beiden Jahrzenten des vorigen Jahrtausends zu kurz vor dem Aussterben in nicht einmal dreißig Jahren. Das beweist, wie fragil unsere Flora und Fauna eigentlich ist.
Renaturierungsprojekte geben Mut zur Hoffnung
Wie wir hier beschrieben haben, sind alle burgenländischen Fließgewässer bis 2027 in einen guten ökologischen Zustand zu bringen. Das bedeutet, dass die Gewässer (und demzufolge auch die Fischbestände) nur mehr in geringem Maße vom Menschen beeinflusst werden. Zurück zur Natur also.
Der gute ökologische Zustand wäre in Grün ausgewiesen. Gelb bedeutet mäßiger Zustand, orange unbefriedigender ökologischer Zustand. (Quelle: bml.gv.at 2024)
Wie man in obenstehender Darstellung sieht, ist die Wulka derzeit noch weit davon entfernt (wie im Übrigen fast alle burgenländischen Flüsse) den guten ökologischen Zustand 2027 zu erreichen.
2002 hatte man schon gewusst, was der Wulka zum großen ökologischen Glück gut tun würde, wie ein Auszug aus der fischökologischen Studie beweist:
(Quelle: Fischökologische Studie der Wulka 2002)
In Wulkaprodersdorf beispielsweise wurde 2015 der Lauf der Wulka um 500 m verlängert. Die Wulka darf hier wieder ein bisschen naturnäher fließen.
Die Wulka fließt bei Wulkaprodersdorf wieder ein bisschen wie früher. Wie groß der Platzbedarf des Menschen ist und wie sehr die Fläche „genutzt“ wird, ist in diesem Luftbild bezeichnend… (Quelle: Bgld. Landesmedienservice )
Die Wöd is des freilich noch nicht, denn die Wulka ist ja quasi auf den gesamten 38 Fließkilometern von einem naturnahem Zustand weit entfernt. Aber die Hoffnung besteht, dass auch andere Gemeinden sich für die Wulka einsetzen. In Trausdorf ist eine „Wulka wie damals“ derzeit in Planung. Man darf gespannt sein.
Danke an Günter Nikles für das tolle und sinnbildliche Titelfoto der Wulka in Schützen.
Hier noch die Links zu den anderen Artikeln der Serie
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