Die Flüsse des Burgenlandes – Teil 3

Weiter geht’s mit unserer Serie über die Flüsse des Burgenlandes. Diesmal beschreiben wir, wie der Mensch die heimische Wasserwelt in den letzten Jahrzehnten geprägt und verändert hat.

Im ersten Teil unserer Serie haben wir uns mit der 4-dimensionalen Wirkweise unserer Flüsse beschäftigt, danach haben wir die Flusseinzugsgebiete im Burgenland beschrieben. Nun, im dritten Teil, beschäftigen wir uns mit den menschlichen Einflüssen auf unsere Fließgewässer.

Nach den Weltkriegen wurde den Flüssen der Kampf angesagt

Der Rest ist Österreich“, hat der damalige französische Außenminister Clemenceau nach der Aufteilung Österreich-Ungarns in seine Nationalstaaten 1919 wahrscheinlich dann doch nicht gesagt, gepasst hätte der Satz auf jeden Fall. Was blieb (böse Zungen behaupten bis heute) war ein Wasserkopf Namens Wien, den es – insbesondere mit der Erschließung neuer landwirtschaftlicher Flächen –zu ernähren galt. Den weiteren Verlauf der Geschichte in der Zweiten Republik kennen wir. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde man schon konkreter und sprach von der Schaffung eines 10. Bundeslandes.  Gemeint war damit die Trockenlegung von Sümpfen, Mooren und praktisch allen Feuchtflächen in Österreich in der Größenordnung eines eigenen Bundeslandes. Auch die Begradigung unserer Flüsse – nun kommen wir endlich zum Thema – wurde mit Nachdruck verfolgt mit dem Ziel die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen.

Die Transformation der Flüsse am Beispiel der Raab zwischen Jennersdorf und Sankt Martin

Untenstehende Karten vergleichen die Raab einst (Aufnahme aus dem Jahr 1858) und heute zwischen Jennersdorf und Sankt Martin. Zu sehen sind nicht nur die bis heute unveränderten Riednamen. Die Aufnahme aus der Franziszeischen Landesaufnahme links zeigt einen Fluss, der seiner natürlichen Ausprägung wohl sehr nahekommt: Ein ständig pendelnder, sogenannter mäandrierender Flusslauf, wie er für die burgenländischen Flüsse typisch war. Dem gegenübergestellt ist eine aktueller Kartenausschnitt, der die Auswirkung der Regulierung deutlich zeigt: Der Fluss wurde von seinen Mäandern abgeschnitten und in ein starres, geradliniges Korsett (durch massive Uferbefestigung) gezwängt.

Linkes Bild: Die Raab anno 1858 (Quelle: maps.arcanum.com). Rechtes Bild: Die Raab heute (Quelle: Geodaten Burgenland).

Hier haben wir noch ein kleines aber feines Videotscherl gefunden, dass die Mäanderbildung in Flüssen sehr gut beschreibt:

Begradigt und gestaut

Es gibt keinen einzigen Fluss im Burgenland, der auf längere Strecken in einem unberührten Zustand fließt. Die wie oben beschriebene Begradigung eines Flusslaufes hatte dabei zum Zweck den Fluss zu bändigen und die Hochwassergefahr zu minimieren. Siehe dazu auch den Artikel aus dem Jahr 1958 zum Spatenstich der Raabregulierung (genau 100 Jahre nach der Franziszeischen Landesaufnahme) am Ende unseres Beitrages. Die Folgen dieses Handelns waren den Beteiligten damals wohl kaum in dieser Tragweite bewusst:

  • Die Begradigung bewirkte zwar einen schnelleren Abtransport des Wassers im Hochwasserfall, für flussab gelegene Ortschaften wurde damit die Hochwassergefahr aber verschärft. Nach dem Motto: „Ist uns wurscht, ist eh in Ungarn.“
  • Durch die massive Verbauung der Ufer konnte der Fluss seinen Schotter nicht mehr von den Seiten „anknabbern“. Die Folge ist, dass er sein Material vom Gewässergrund mittransportiert und sich der Fluss immer tiefer eingräbt. Heute, also einige Jahrzehnte später beträgt diese Eintiefung an manchen Gewässern einige Meter (vergleiche dazu auch die notwendige Interaktion eines Flusses mit seinem Umland in Teil 2 dieser Serie). Mit dem Flusswasserspiegel sinken logischerweise die Grundwasserstände kontinuierlich immer weiter ab (in dem Fall ist das also nicht nur eine Folge des Klimawandels).

Was tun also gegen fortschreitende Erosion der Gewässersohle? Auch darauf hatten die Ingenieure von damals eine Lösung: Wir bauen ein Querbauwerk in den Fluss, damit er sich nicht mehr eintiefen kann. Zumindest oberhalb eines solchen Bauwerks konnte das gelingen, denn der Flussschotter blieb dort auch liegen, unterhalb jedoch fehlte das Material freilich, das sich oberhalb des Bauwerks ja angelagert hatte. Die Folge: die Eintiefung ging munter weiter, wodurch oft auch noch ein zweites oder drittes Bauwerk errichtet wurde.

Man war damals so dermaßen motiviert, dass wir rund alle 600 m (!!) in einem burgenländischen Fluss ein solches Bauwerk haben. Die Folgen für die heimische Fischwelt sind fatal, da ihnen dadurch die notwendigen Wanderkorridore versperrt sind. Untenstehendes Bild zeigt das Wehr in Neumarkt an der Raab, das für unsere schuppigen Gewässerbewohner jahrzehntelang ein unüberwindbares Hindernis darstellte.

Das Querbauwerk in Neumarkt an der Raab (Foto: Günter Nikles)

 

Hier noch die links zu den anderen Artikeln der Serie

Teil 1

Teil2

und der versprochene Zeitungsartikel zum Spatenstich der Raabregulierung 1958 (bitte die schlechte Auflösung zu entschuldigen. Quelle: unbekannt)

Im nächsten Teil unserer Serie werden wir uns den unternommen Rückbaumaßnahmen widmen und einen kleinen und vorsichtig optimistischen Ausblick auf die Zukunft geben, wie es mit den heimischen Fließgewässern wohl weitergeht. Teilt uns eure Erfahrungen an den Flüssen des Burgenlandes in den Kommentaren mit!

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