Sautanz fragt: Was blieb von 100 Jahre Burgenland?

Das letzte Jahr war für das Burgenland ein besonderes. Die Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum standen im Zentrum in vielerlei Hinsicht. Im 101. Jahr blicken wir auf die Ereignisse mit gesundem Abstand zurück.

100 Jahre Burgenland

Nun sind die 100 Jahre auch schon Geschichte. So schnell geht’s und wir sind bald 101. Durch die Corona-Pandemie werden zahlreiche Ausstellungen verlängert. Die Sonderausstellung „Unsere Amerikaner“ im Landesmuseum Eisenstadt haben wir ja im letzten Jahr besucht, läuft noch bis zum 11.11.2022. Die Jubiläumsausstellung auf Burg Schlaining kann man noch das ganze Jahr 2022 über besuchen. Diese Ausstellung steht bei uns jedenfalls auf der ToDo-Liste heuer.

Ebenso die Jubiläumsausstellung auf Burg Güssing „Von Deutschwestungarn ins Burgenland – Geschichte einer Region (1848-1921)“. Die öffnet jedoch erst wieder am 15.03.2022 und geht bis zum 30.10.2022. Die Online-Ausstellung ist nach wie vor abrufbar. Hier funktioniert die Filterfunktion allerdings eher mangelhaft und die Fotos sind meist bunt zusammengewürfelt. Sehenswert ist sie jedoch allemal. Die Seite mit den Zeitsprüngen ist da eher übersichtlicher gestaltet und wird auch nach wie vor mit aktuellen Beiträgen gefüttert.

Im Jubiläumsjahr (und freilich auch schon davor) sind zahlreiche Bücher mit Burgenlandbezug erschienen, deren Aufzählung diesen Blogbeitrag sprengen würde. Folgender Link liefert hervorragende Buchtipps zum Thema. Die 111 Orte rund um den Neusiedlersee unserer früheren Interviewpartnerin Bernadette Nemeth sind da freilich auch dabei 😊.

 

Ein Jubiläumsjahr mit ordentlichem Tamtam

Den Auftakt für das Jubiläumsjahr – wohl von langer Hand durch die Tourismus-Marketer geplant – machte einen gemischten Eindruck auf großer Bühne. Just am ersten Tag des Jahres 2021 rühmt sich das jüngste Bundesland als Hauptinterpret für den Pausenfilm im Rahmen des international renommierten Neujahreskonzertes. Bindet man die zum Teil bemerkenswert bestürzenden Reaktion aus der umtriebigen Facebook-GruppeDas alte Burgenland in historischen Ansichten“ in das allgemeine Stimmungsbild mit ein, kann ein mäßig erfolgreiches Fazit zu diesem Image-Film gezogen werden.

Mit Fortdauer des Jahres und überstandenem zweiten (oder doch dritten?) Lockdown eröffneten von Norden bis Süden die einzelnen Ausstellungen ihre Tore für den – Covid-regelkonformen – Ansturm. Über die regionalen Grenzen hinaus sorgte ein skurriler Auftritt im Rahmen der Eröffnungsfeier zu „100 Jahre Burgenland“ auf Burg Schlaining für ordentliche Molltöne im heiteren Festreigen. Liebe Leserschaft, nehmt Euch die paar Minuten für diesen Meilenstein – die verblüffende Reaktion der Verantwortlichen bitte inklusive. Das staunende Publikum konnte wahrlich mit so einer Überraschung nicht rechnen, so viel Realsatire im Kartenpreis eingerechnet?

Doch war dem pannonischem Tamtam nicht genug, setzte es auf politischer Ebene entsprechende Akzente. Nach dem wohlbekannten Skript „Land versus Bund“ war der Unmut in Eisenstadt über die ausbleibende Jubiläumsgabe zum Hunderter groß. Die im burgenländischen Fall zugesagten vier Millionen Euro zum feierlichen Anlass etablierte sich als Brauch, die der Bund als Jubiläumsgabe eben gewährt. Der vermeintliche Affront über das Ausbleiben des Geburtstaggeschenkes löste sich dann doch plötzlich in Luft auf, das entsprechende Budgetbegleitgesetz fand seinen Weg durch die Instanzen der Republik.

 

Von „burgenländischer Identität“ und die Rolle der EU

Bei all dem Rummel um die Festivitäten wurden tatsächlich interessante Aspekte der Geschichte des Burgenlandes thematisiert. So erfuhr der Diskurs um die burgenländische Identität eine neue Dynamik: was bedeutet „typisch burgenländisch“ abseits der touristischen Vermarktung als die „Sonnenseite Österreichs“. Woraus lässt sich diese Identität erschaffen: Ethnie, Sprache, Religion, soziale Rollen? Die Frage mit dem Umgang der verschiedenen Volksgruppen stand hier im Mittelpunkt des Austausches.

Nicht unwesentlich für die Entwicklung des Burgenlandes in den letzten 25 Jahren war die Rolle der EU. In einer Retrospektive auf die jüngste Zeitgeschichte soll dieses Kapitel nicht ausgespart werden. Durch die Einstufung als „Ziel 1 Gebiet“ und damit verbundenen EU-Programmen wurden Investitionen von insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro angestoßen. Zahlreiche Arbeitsplätze entstanden durch die Ansiedlung vieler neuer Betriebe auf burgenländischem Boden.

Dennoch darf dem Weiß auch der schwarze Farbspritzer zugesetzt sein: die Debatte um zunehmende Migration in die Europäische Union nahm auch 2021 wieder in der Grenzregion von Kalch bis Kittsee großen Raum in der öffentlichen Wahrnehmung ein. Dies zeitigt Folgen: laut einer im Sommer 2021 präsentierten Umfrage meint mehr als ein Drittel der befragten Burgenländer, dass „es keinen Unterschied für das Burgenland macht, ob Österreich Mitglied der EU ist oder nicht“. Nicht ganz die Mehrheit der Befragten im Burgenland ist der Ansicht, dass die EU-Mitgliedschaft vor allem Positives für ihre Heimatregion bewirkt, für 17 Prozent überwiegt das Negative.

 

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