Königliche Freistädte Ungarns im Burgenland – Rust am See (Teil 2)

Der historische Hintergrund zu den beiden Freistädten im Burgenland, Eisenstadt und Rust am See, ist selten Teil der landläufigen Erzählungen. Im zweiten Teil werfen wir den Blick auf die bewegte Geschichte der königlichen Freistadt Rust.

Freistadt Burgenland Rust

Nachdem wir im ersten Teil die Entstehungsgeschichte der im damaligen Königreich Ungarn befindlichen sogenannten königlichen Freistädte und die damit verbundenen Vorrechte und Pflichten beleuchteten, wechseln wir die Flughöhe von der Groß- auf die Detailebene. Diesmal steht die am westlichen Ufer des Neusiedlersees liegende Freistadt Rust im Zentrum unserer Betrachtung.

 

Jahre des Aufstiegs

Seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert kam es trotz ständiger Kriegswirren zu einem ungeahnten Aufschwung des kleinen Weinbauern- und Fischerdorfes. Die Produktion von edlen Süßweinen bewirkte in Zeiten vor dem raffinierten Zucker eine große Wertschöpfung für die lokale Ortsbevölkerung. Bevor die industrielle Produktion von raffiniertem Zucker möglich war, galten edelsüße Weine als lukrative Waren.

Um 1470 herum erhielt Rust das Marktrecht. Das führte zum Steuerprivileg für den Ruster Wein, welches die steuerfreie Ausfuhr des Eigenbauweines nach Österreich bedeutete. Im Jahr 1512 erfolgte eine erste Befestigung der Stadt mit Mauern und Gräben. Dies konnte das aufstrebende Rust aber nicht vor einer großen Zerstörung während des Türkenkrieges um 1529 schützen. Ein eigener Stadtkern mit einer intakten Stadtmauer existiert noch heute.

Seit 1524 haben die Ruster das von Königin Maria von Ungarn, der Schwester Ferdinands des Ersten, verbriefte Recht, als Markenzeichen ein gekröntes «R» in ihre Fässer einzubrennen. Dieses «R» wird auch heute noch als Gütezeichen verwendet. Ausgehend von Ödenburg, wo früh lutherisch predigt wurde, stand das angrenzende Rust bald unter evangelischem Einfluss. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts bekannte sich die Ruster Bevölkerung nahezu vollständig zum evangelischen Glauben und erlebte einen wirtschaftlichen Aufbruch.

 

Vom „Verehrwein“…

Weitergehende Privilegien erwarben sich die Ruster durch die Betreuung der kaiserlichen Eigenweingärten. Der Wein aus diesen Hofweingärten wurde zusammen mit anderen Abgaben an den Kaiserhof nach Wien gebracht. Im Zuge dessen erhielten verschiedene Hofstellen, die man sich für die eigenen Angelegenheiten günstig stimmen wollte, aus Rust den geschätzten „Verehrwein“. Im Jahre 1649 kaufte sich Rust von der Herrschaftsuntertänigkeit frei von den Habsburger, die bis dahin als königliche Besitzer fungierten und selbst Rust mehrmals verpfändeten. Die Stadt bezahlte dafür 60.000 Goldgulden, welche heute über ca. zehn Millionen Euro entsprächen, und 500 Eimer besten Weines: fast 30.000 Liter Ruster Ausbruch der Sorte Furmint.

Der Begriff „Ausbruch“ bezieht sich auf die händische Selektion der eingeschrumpften Weinbeeren aus den Trauben. Der rosinierte Teil wird herausgebrochen – daher Ausbruch! Rust als Stammort und der Ausbruch als Produktionsmethode sind mit Abstand die älteste Herkunftsbezeichnung für Wein in Österreich. Seit über fünf Jahrhunderten wird die Tradition des Ruster Ausbruchs nun schon ununterbrochen weitergepflegt, dies ist einmalig in der österreichischen Weingeschichte. Heute ist der Ruster Ausbruch im Weingesetz einer Trockenbeerenauslese gleichgesetzt, d.h. er muss in Ruster Rieden aus weißen Rebsorten geerntet und in Rust abgefüllt werden.

 

… zur königlichen Freistadt

Am 3. Dezember 1681 erhielt Rust am Reichstag in Ödenburg von Kaiser Leopold I. den Titel königliche Freistadt. Diese signifikante Aufwertung ging vor allem auf das Betreiben der führenden Patrizier aus der königlichen Freistadt Ödenburg zurück.

Die Stadt erhielt als „libera regia civitas“ drei neue Rechte:

  1. die Blutgerichtsbarkeit (ius gladii), das Recht über Leben und Tod zu urteilen, was bisher der Herrschaft Ungarisch-Altenburg vorbehalten war,
  2. die Bekrönung des Marktwappens mit einem königlichen Diadem,
  3. das Recht, alle Schriftstücke mit einem roten Siegel zu bekräftigen.

Dazu gesellte sich das Recht der freien Religionsausübung einschließlich Kirchen- und Schulbau. Die Gegend blieb in der Zeit der Türkenkriege geprägt von den dominierenden, vor allem kaisertreuen und damit katholischen Magnatengeschlechtern. Hierbei sind wohl am bekanntesten die noch heute existierenden Esterhazys. Daher scheint es wenig verwunderlich, dass es im Rahmen der von den Habsburgern energisch vorangetriebenen Gegenreformation zu einer Rekatholisierung in Rust kam.

Die Sozialstruktur der Stadt war deutlich zweigeteilt. Aus der Bürgerschaft ragten einige besonders wohlhabende Familien heraus, die auch zumeist die städtischen Würden und Ämter innehatten. In Summe in etwa 50 Familien konnten im 17. und 18. Jahrhundert ein Adelsprädikat erwerben.

 

Die Gegenwart: UNESCO-Weltkulturerbe und Weinzentrum

Mit knapp 2000 Einwohnern nimmt Rust heute den Rang des kleinsten Verwaltungsbezirkes – und damit auch die kleinste Statutarstadt Österreichs – ein. Das Amt des Bürgermeisters hat ebenso die Stellung eines Bezirkshauptmannes, da Rust durch ein eigenes, landesgesetzlich erlassenes Stadtstatut ausgezeichnet ist, welches im Magistrat der Stadt ausgeübt wird.

Von der UNESCO als Teil der Weltkulturerbe-Region Fertö-Neusiedlersee eingestuft, ist die Stadt außerdem für ihre Störche bekannt. Weiters etablierte sich Rust als ein Zentrum der internationalen Weinausbildung. Seit 1991 steht die Weinakademie Österreich mit einem eigenen Seminar und Fortbildungsprogramm allen Weininteressierten offen. Der Campus der Weinakademie Österreich befindet sich im altehrwürdigen Ambiente des Seehofes.

Im letzten Akt dieses dreiteiligen Formats werden wir über die zweite Freistadt des heutigen Burgenlandes, die Landeshauptstadt Eisenstadt, näheres berichten.

 

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