Familiäres Dreiländerecktreffen in einer Region der Aus- und Abwanderung

Martin Wolf, seines Zeichens Obmann des Vereins „Historischer Verein Neuhauser Hügelland“ und bereits im Sautanz-Interview zu Gast, schreibt im aktuellen Gastbeitrag über ein besonders emotionales Familien-Treffen im historischen Kontext der großen Emigrationswellen.

Burgenland Auswanderung

 

130 Jahre nach der Auswanderung wieder in die Heimat der Vorfahren zu reisen, ist der insgeheime Wunsch vieler Nachkommen von Auswanderern im Nordosten der USA – einem kleinen Fleckchen Erde Namens New Britain im Bundesstaat Connecticut. Für acht Nachfahren wurde es am Wochenende zum Sonntag, den 5. September 2021, trotz der Widrigkeiten der Pandemie zu einem wahren Fest der Herzlichkeit und der Sinne. Am Schlossberg im Innenhof der Festung der einstigen Herrschaft Dobra in Neuhaus am Klausenbach – umrahmt vom weiten Blick ins Neuhauser Hügelland und dem Thermen- und Vulkanland der nahen Steiermark ging die Zusammenkunft im historisch-aufgeladenen Ambiente über die Bühne.

 

Alles begann mit…

Bevor ich die Ereignisse Revue passieren lasse, kurz zur Vorgeschichte: alles begann im Jahr 2006 als ich meine Verwandten in den USA ausfindig machen wollte und meine ersten Nachforschungen in diversen Schiffslisten begonnen hatte. Diese waren jedoch nicht zielführend. Auch der Austrian Donau Club, eine Einwanderervereinigung in New Britain (Connecticut), konnte mir anfänglich nicht helfen, doch im damaligen und viel zu früh verstorbenen Präsidenten Robert Wolf fand ich einen eifrigen Helfer. Dank der Adresse des Urgroßonkels von Martin Wolf, niedergeschrieben in einer alten Lutherbibel aus dem Jahre 1907, war die Suche nach Charles (Carl, Karl, Charlie) Wolf und seiner Familie im Jahr 2009 von Erfolg gekrönt und die wiederentdeckte Verwandtschaft in den Staaten wurde immer größer.

Mittlerweile konnte ich zu vielen Nachkommen von in den USA verbliebenen Urgroßonkeln und Urgroßtanten väterlicher- und mütterlicherseits den Kontakt aufbauen und war selbst im Jahr 2014 bereits zu Besuch in New Britain. Dabei besichtigte ich genau jenen Ort, wo sich die damalige Wohnadresse von meinem Urgroßonkel Karl Wolf befand. Wie es der Zufall will trugen meine beide Großväter auch den Namen Karl Wolf.  An dieser Adresse befindet sich noch heute der im Jahre 1891 von Auswanderern gegründete „The Quartette Club“.

 

„Tage wie diese“

So lässt sich das heurige September-Wochenende am besten beschreiben. An diesem Sonntag lud ich zum Dreiländerecktreffen mit Auswanderertreffen und ökumenischem Gottesdienst nach Neuhaus ein. Zuvor wurde am Freitag mit den Besuchern aus den USA – allesamt Verwandte von mir – die Ausstellung anlässlich 100 Jahre Burgenland auf der Burg Schlaining besucht und auch der Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil, lies sich zu einem spontanen Foto überreden. Am Samstag folgte der Empfang im Kreise der Familie beim Weinhof Zieger – auch ein Verwandter der Gäste – mit den drei Bürgermeistern der Region Neuhauser Hügelland. Auch der älteste Blasmusikverein des Burgenlandes, der Musikverein Neuhaus am Klausenbach, lies es sich nicht nehmen die Gäste mit einigen Märschen gebührend zu begrüßen.

Schöner konnte der Sonntag nicht sein, bei blauem Himmel fand der grenzüberschreitende ökumenische Gottesdienst statt. Der neue Superintendent Dr. Robert Jonischkeit gab im Beisein von Dechant Martin-Ralph Kalu und Pfarrerin Prosic-Filip aus Gornja Slaveci seinen ersten Sonntagsgottesdienst im neuen Amt, begleitet von gleich drei Chören (Singkreis, Männergesangsverein und Amara-Chor).

 

Amazing Grace beim Frühschoppen

Im anschließenden Frühschoppen des Musikvereines Neuhaus am Klausenbach, mit den dargebotenen Speisen des Jägerwirtes und traditionellen Mehlspeisen der Region, erlebten die Nachfahren der Auswanderer die unverfälschte Art südburgenländischer Festkultur mit allen Sinnen bis hin zum Uhudler. Als die Besucher aus den Staaten Sonntagabend die evangelische Kirche ihrer Vorfahren in Neuhaus betraten, überkam jedem dieses Gefühl der Vertrautheit. Als am emotionalen Höhepunkt Cheryl Russo Cormier „Amazing Grace“ vom Chor sang, war jeder zu Tränen gerührt. Denn genau in dieser – seiner Taufkirche – läutete ihr Urgroßvater und Auswanderer Karl Wolf, liebevoll „Charlie“ genannt, die Glocken zum Kirchgang und verlor damals dabei ein Glied seines kleinen Fingers.

Zum Abschluss besuchten die US-Amerikaner den evangelischen Friedhof, standen an den Gräbern ihrer Vorfahren und legten Blumen nieder. Ein besinnlicher Abschluss dieses so besonderen Wochenendes an einem Lagerfeuer und alle bewunderten den unverfälschten Blick zum Sternenhimmel, den wir – die hier tag täglich leben – nie so sehr schätzen, wie auch die Ruhe in der Natur, die uns umgibt.

Eine Conclusio aller Teilnehmenden: Niemand wollte so richtig verstehen, wie man von hier wegziehen konnte. Alle kommen gerne wieder in das idyllische Neuhauser Hügelland, dass sie nun tief in ihrem Herzen tragen.

 

Habt ihr Fragen? Gerne könnt ihr einen Kommentar hinterlassen, Martin antwortet gerne.

 

Weitere Informationen zum Historischen Verein Neuhauser Hügelland:

Sucht man nach Verwandten in den USA oder Argentinien, Vorfahren im Südburgenland oder möchte mehr über die Region Neuhauser Hügelland und ihre Geschichte erfahren, so ist man beim Historischen Verein Neuhauser Hügelland an der richtigen Stelle.

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