Burgenlands Bezirke in Zahlen: Oberwart (Teil 4)

Im vierten Teil unserer Serie betrachten wir den Bezirk Oberwart, den bevölkerungsreichsten Bezirk im Südburgenland, unter demographischen Gesichtspunkten wie Bevölkerungsentwicklung, Arbeit, Wohnen und Mobilität.

Oberwart

In unserer vor einiger Zeit begonnenen Beitragsserie berichten wir über die aktuelle Lage in Burgenlands sieben Bezirken anhand unterschiedlicher Schwerpunkte wie Arbeit, Wohnen, Bildung, Gesundheit etc. Nach den ersten drei Artikeln, auf welche wir am Ende dieses Beitrags nochmals gerne referenzieren, wenden wir uns von Norden kommend wieder südwärts. Heute berichten wir über den – zumindest wirtschaftlich – wohl bedeutendsten Bezirk des Südburgenlandes: Oberwart.

Den Ausgangspunkt, welchen wir jedes Mal für den demographischen Vergleich unterschiedlicher Regionen heranziehen, markiert die Bevölkerungsentwicklung im historischen Vergleich. Auf den ersten Blick vermittelt uns die untenstehende Grafik recht deutlich, dass die Bevölkerungszahl mit aktuell ca. 54.000 lebenden Menschen im Bezirk Oberwart seit Anfang der 1970er Jahr relativ konstant bleibt. Für einen Bezirk südlich des Sieggrabener Sattels fast schein sowas Ähnliches wie ein Qualitätsprädikat. Ein Wermutstropfen aus Oberwarter Binnensicht: mit Beginn des neuen Jahrtausends löste der Bezirk Neusiedl am See den Bezirk mit dem Kürzel OW als bevölkerungsstärksten Distrikt an der Spitze ab. (Anm. zur Grafik: der Bezirk Eisenstadt-Umgebung landet bereinigt um die beiden Freistädte bei ca. 44.000 Einwohnern).

 

Bevölkerungsentwicklung

Bevölkerung in der historischen Entwicklung nach Bezirken von 1923 bis 2021 (Quelle: Statistik Burgenland)

Auch die Prognose für die Bevölkerungsentwicklung liest sich dem Trend folgend leicht positiv. Der Vergleich mit den beiden südlichen Bezirken mit starken Abwanderungstendenzen, Jennersdorf und Güssing, lässt die Entwicklung ohnehin in einem besseren Licht dastehen.

 

Bevölkerungsschätzung nach Bezirken bis 2075 (Quelle: Statistik Burgenland)

Schauen wir uns den Bereich Mobilität an, dann müssen wir ähnlich wie im Fall des Güssinger Bezirkes die traurige Erkenntnis mitteilen, dass im Öffentlichen Personenverkehr auf der Schiene nichts mehr geht. Bis August 2011 war der Bahnhof Oberwart als Endstation der Pinkatalbahn, die einst ins nahe Szombathely (Steinamanger) in Ungarn führte, für Öffi-Fahrer verfügbar. Seitdem rollt bloß der Güterverkehr über die Schienen. Eine geplante Teststrecke für selbstfahrende Züge auf den existenten Trassen steht im Raum.

Da doch viele Menschen aus der Region nach Wien pendeln, haben wir uns den Fahrplan angesehen. Bestenfalls dauert es einundeinhalb Stunden mit dem Bus in die Donaumetropole.  

 

Oberwart

Fahrplanabfrage auf der ÖBB-Website (Quelle: ÖBB)

Für den individuellen Personenverkehr existieren Anschlussstellen an die A2 Süd-Autobahn zur Fahrt in die Bundeshauptstadt nach Wien bzw. in die steirische Kapitale Graz. Ebenso sei für mehr Details zum Oberwarter Bezirk abermals auf das relevante Mobilitätsinfoblatt verwiesen.

Das mit dem Arbeit finden im Heimatbezirk ist querbeet im Burgenland per se keine simple Sache. Dem Anspruch gerecht zu werden, einen der eigenen Ausbildung und den Fähigkeiten entsprechenden Job zu finden, ist je nach Anforderungsprofil mitunter eine unlösbare Aufgabenstellung. Der banale Grund dafür: es herrscht ein Mangel offener Jobpositionen vor. Unseren ersten Annährungsversuch starten wir mit der umfassenden Erwerbsstatistik, welche die Statistik-Abteilung des Land Burgenland für das Jahr 2019 zur Verfügung stellt:

Oberwart

 

Burgenlands Erwerbstätige und Pendler im Überblick (Quelle: Statistik Burgenland)

 

Auf den Bezirk Oberwart umgemünzt, beträgt der Anteil an Pendler ca. 73 Prozent, was kaum erwähnenswert unter dem Burgenland-Durchschnitt von 74 Prozent liegt. Anders ausgedrückt finden von hundert erwerbstätigen Ortseinwohnern 27 Personen eine Arbeit in derselben Wohngemeinde. Sogar ein Drittel der Pendler finden eine Arbeit im selben politischen Bezirk, d.h. für knapp 40 Prozent der Erwerbstätigen liegt der Arbeitsplatz außerhalb des eigenen Bezirkes.

Die Coronapandemie bedeutet(e) für den Arbeitsmarkt eine Zäsur. Während sich nun der Arbeitsmarkt zusehends erholte und aktuell (noch) – zumindest gefühlt – Rekordbeschäftigung im Lande herrscht, bleibt abzuwarten wie sich die wirtschaftliche Situation im Zuge des Krieges in der Ukraine, rasant steigenden Preisen durch Inflation und soeben erhöhten Zinsen in naher Zukunft entwickeln wird. Stellen wird die Zahl der Beschäftigungslosen, also jener Personen, die beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitslos vorgemerkt sind oder an Schulungen teilnehmen, mit der Anzahl an offenen Stellen gegenüber, bedeutet dies, dass im Juni 2022 auf nur jede fünfte Person im Oberwarte Bezirk eine offene Stelle entfällt. Das ist mit Abstand der schwächste Wert unter Burgenlands Bezirken:

 

Arbeit Oberwart

Beschäftigungslose und offene Stellen auf Basis der Zahlen für Juni 2022 (Quelle: AMS Burgenland)

Wer sich mit einem adäquaten Arbeitsplatz glücklich schätzt und diesen aufgrund einer ausreichend ausgebauten Infrastruktur in zumutbarer Zeit auch erreichen kann, dürfte sich wohl ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, sich in der Heimatregion dauerhaft niederzulassen. Allerdings zogen die Grundstückspreise auch im Burgenland in den letzten beiden Jahrzehnten ordentlich an. Für den Bezirk Oberwart lässt sich auf Basis dieser veröffentlichten Preisdaten (ja, es handelt sich um Durchschnittswerte) konstatieren, dass das Preisniveau halbwegs moderat erscheint:

 

Oberwart Grundstückspreise

Übersicht Grundstückspreise im Bezirk Oberwart (Quelle: Simil.io)

Zuletzt werfen wir einen Blick auf die aktuelle Situation im Gründerwesen. Ein Indikator für die Entfaltung des unternehmerischen Potentials in Oberwart ist die jährliche Statistik der Wirtschaftskammer zu den Neugründungen. Insbesondere die im Fachjargon als Gründungsintensität zitierte Kennzahl, welche die Anzahl an Unternehmensgründungen je 1.000 Einwohner ins Verhältnis setzt, zeigt in diesen Belangen ein gewisses Aufwärtspotential. Zwar erreichte der Bezirk den dritthöchsten Wert an Neugründungen, allerdings liegt die Gründungsintensität mit einem Ergebnis von 4,6 unter dem Durchschnittswert auf das gesamte Burgenland bezogen (5,2).

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Oberwart Neugründungen

Darstellung zu Unternehmensneugründungen und Gründungsintensität im Jahr 2021. (Quelle: WKÖ Burgenland)

 

Wie hat euch unser Lagebild zur Situation im Bezirk Oberwart? Teilt uns gerne eure Meinung mit einem Kommentar mit!

Zum Nachlesen Serie Burgenlands Bezirke in Zahlen:

👉 Teil 1: Oberpullendorf

👉 Teil 2: Güssing

👉 Teil 3: Neusiedl am See

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