Unsere aktuelle Bestandsaufnahme zum Südburgenland haben wir in mehreren Teilen abgeschlossen. Nun freuen wir uns mit Werner Unger, seines Zeichens Südburgenland-Manager, einen Kenner der Lage im Süden zum Sautanz-Interview begrüßen zu dürfen.
Sautanz: Hallo, starten wir mit Routine ins Interview: vielleicht stellen Sie sich für den Anfang bei unseren Leserinnen und Lesern selbst kurz vor?
Werner Unger: Sehr gerne. Als mittlerweile 62-Jähriger, geborener Südburgenländer habe ich die ehrenvolle Aufgabe meine Heimatregion nach Jahren des Pendelns in der Position als Südburgenland-Manager weiterzuentwickeln.
In Ihrer Funktion als Südburgenland-Manager eine aufgelegte Frage: Was umfasst Ihre Aufgaben? Können Sie uns hier nähere Einblicke geben?
Als ich vor fünf Jahren zurück ins Burgenland kam, lag und liegt der Schwerpunkt in meiner Rolle als Südburgenland-Manager auf die wirtschaftlichen Belange der drei südlichen Bezirke Oberwart, Güssing und Jennersdorf. Das beginnt bei den Betriebsansiedlungen und das zentrale Koordinieren in Richtung der Stellen des Land Burgenland. Hierbei möchte ich betonen, dass es von äußerster Wichtigkeit ist, alle Player in Form der 72 Gemeinden im Südburgenland miteinzubeziehen. Siehe als aktuelles Beispiel den Business Park an der S7 im Lafnitztal. Das oberste Ziel meiner Tätigkeit stimmt nach wie vor: es gilt gemeinsam möglichst viele Arbeitsplätze in der Region zu schaffen.
Welche Resonanz aus der hiesigen Bevölkerung gibt es zu Ihrem Engagement bisher?
An den Orten und Projekten, wo ich mitwirke, fühle ich mich sehr positiv aufgenommen. Die Funktion des Südburgenland-Managers sagt manchen Leuten etwas, vielen wohl nichts. Doch für mich ist eine jede Person, die etwas Positives für das Südburgenland leistet, ein Südburgenland-Manager. Ich hänge nicht wirklich an dieser offiziellen Betitelung. Ich bin im Monat mehrere tausend Kilometer unterwegs, denn in dieser Rolle muss ich draußen bei den Menschen sein, um etwas weiterzubringen. Und nur zur Klarstellung vorweg: ich bekomme kein Kilometergeld bezahlt 😊
Aus der Privatwirtschaft kommend: haben sich die Gemeinden an Ihr Tempo gewöhnen müssen oder Sie sich an das Tempo in den Gemeinden?
Weder noch. Natürlich war es im Vertrieb eines multinationalen Konzerns mit weltbekannter Marke einfacher, das Produkt beim Kunden zu platzieren. Das war für mich eine Umstellung, da der Prozess von den ersten Gesprächen mit Unternehmen zum Thema Betriebsansiedelung bis hin zur letztendlichen Standortentscheidung doch einige Zeit dauert.
Die Demographie des Burgenlands zeigt ein eindeutiges Nord-Süd-Gefälle. Können Sie die Ursachen aus dem Blickwinkel eines Menschen ausmachen, der diesen Unterschied eher ausbalancieren möchte?
Der Norden profitiert von zweierlei Faktoren. Erstens die geographische Nähe zum Ballungsraum Wien und zweitens die ausgebauten Verkehrsstrecken nach Bratislava sowie in Richtung Ungarn. Meiner Meinung nach sollten wir uns im Süden verstärkt nach Graz als zweitgrößte Stadt Österreichs ausrichten, was vor allem für die Bezirke Güssing und Jennersdorf gilt. Die Attraktivierung der Anbindung nach Graz werden mit Initiativen wie dem Pendlerbus und der Elektrifizierung der Bahnstrecke Graz-Jennersdorf bis 2027 auch in Angriff genommen. Hier soll der Zug mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h im Früh und Nachmittagstakt operieren.
Wie sehen Sie die Entwicklungen in den einzelnen Süd-Bezirken? Gibt es da Unterschiede oder Gemeinsamkeiten, die wichtig sind zu beachten für Ihre Arbeit?
Die drei Bezirke können nicht über einen Kamm geschert werden. Der Bezirk Oberwart orientiert sich aufgrund der relativ guten Anbindung an den Wiener Raum. Zusätzlich gibt es in Pinkafeld einen über Jahrzehnte etablierten Bildungsstandort samt Fachhochschule, die Talenten einen gelungenen Rahmen für die Ausbildung bieten. Ich denke wir müssen uns nicht viele Sorgen um den Bezirk machen.
Im Jennersdorfer Bezirk, der ja verhältnismäßig klein ist, liegt die Chance in der Fokussierung auf die Verbindung in Richtung Graz. Weiters können interkommunale Projekte wie ein Wirtschafts- oder Gewerbepark die wirtschaftliche Entwicklung fördern.
Zwischendrin mit Güssing, wo vor zwanzig Jahren mit dem Schwerpunkt Erneuerbare Energien ein interessanter Weg eingeschlagen wurde, gibt es infrastrukturell eine herausfordernde Situation. Weder eine Autobahn noch einen Kilometer Eisenbahn sind Tatsache. Rückblickend war die inhaltliche Ausrichtung auf Erneuerbare Energien richtig. Heute sollte verstärkt auf Forschung und Entwicklung in diesem Bereich gesetzt werden.
Gemeinsam ist den Bezirken die Nutzung von Synergien, sei es beispielsweise in der Verwaltung. Ich sehe da durchaus Potential zwischen den Bezirken Güssing und Jennersdorf, die sich in der Struktur doch ähneln.
Welche Berufe (und Berufssparten) werden in Zukunft im Südburgenland gefragt sein?
Ich finde wir sollten im Südburgenland verstärkt auf das Handwerk setzen. Wir haben hier nämlich ausgezeichnete Handwerksbetriebe, die auch in den größeren Städten wie Wien und Graz einen hervorragenden Ruf besitzen. Wenn wir auf die Ausbildung setzen, ist das sicher eine sinnvolle Investition in die Zukunft. Der Lehrberuf von heute muss meiner Meinung nach anders gedacht werden: das klassische Bild vom Mechaniker mit den öligen Händen kommt heute zu kurz. Denn er muss auch genauso gut digitale Kenntnisse haben, um eine Fehlermeldung auslesen zu können.
Aber auch Dienstleister werden in Zukunft gefragt sein. Wenn man heute zwei oder drei Tage von zu Hause aus arbeiten kann, dann zahlt es sich in meinen Augen schon aus, wenn die jungen Leute auch im Südburgenland bleiben. Ich denke wir müssen jetzt Strukturen schaffen, die zwar erst vielleicht in fünf bis zehn Jahren greifen, aber den Leuten eine Möglichkeit geben vom Südburgenland aus ihrer Arbeit nachzugehen.
Was waren die bisherigen Schmankerln Ihrer Tätigkeit? Was hat bei Ihnen besonderen Eindruck hinterlassen?
In erster Linie war es mein Ziel geeignete Strukturen aufzubauen und an den richtigen Schrauben zu drehen, damit das Südburgenland auch am effizientesten weitergebracht werden kann. Ich denke da vor allem an die Aufbautätigkeit mit Organisationen wie der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer, dem AMS und anderen Stakeholdern. Wir bringen alle drei Monate eine Liste der offenen Lehrstellen im jeweiligen Bezirk, die wir an alle Gemeinden verschicken. Die Gemeinden sind einfach der Ansprechpartner Nummer eins für die örtliche Bevölkerung. Bemerkenswert, und leider etwas traurig: seit 2017 haben wir durchgehend 60-120 offene Lehrstellen im Südburgenland.
Ein weiterer Erfolg ist sicherlich die Pendlerbuslinie nach Graz, die wir angestoßen haben. Eines möchte ich an dieser Stelle betonen: es waren viele, die hier mitgearbeitet haben und nicht der Südburgenland-Manager allein. Auch sehr stolz bin ich darauf, dass auch wirklich einige Betriebsansiedelungen in der Region gelungen sind. Dennoch – ich sag‘s auch ganz ehrlich – geht mir das Tempo noch zu langsam.
Provokativ gefragt: Wann rechnet sich das Südburgenland-Management für das Südburgenland?
Ich glaube das hat sich schon gerechnet. Als ich angefangen habe, wurde ich gefragt, ob ich auch was bezahlt bekomme für diese Tätigkeit. Meine Antwort darauf war: „Was nichts kostet, ist auch nichts wert.“ Sicher, ich bekomme ein Gehalt, aber ganz ehrlich, wegen des Geldes mache ich den Job nicht. Ich lebe den amerikanischen Traum: ich möchte der Region, die mich hervorgebracht hat, auch etwas zurückgeben, deshalb habe ich mich auch mit 57 Jahren dafür entschieden diese Aufgabe zu übernehmen.
Wie sieht Ihre Bilanz nach fünf Jahren aus?
Ich finde, die mir selbst gesteckten Ziele habe ich in dieser Zeit erreicht. Wir haben im Südburgenland mittlerweile eine Organisationsstruktur, die nicht nur eine One-Man-Show ist. Wir haben unser Büro mit mehreren Mitarbeitern aus der Region besetzt und wickeln Förderansuchen vor Ort ab, damit die Unternehmer dazu nicht mehr nach Eisenstadt fahren müssen.
Ich bin auch sehr stolz, dass es gelungen ist den interkommunalen Businesspark in Rudersdorf zu realisieren. Das erste derartige Projekt im Burgenland und durchaus mit Vorzeigecharakter für andere Gemeinden.
Können Sie uns nähere Details zum Projekt Businesspark an der S7 erzählen?
Wir haben insgesamt 20 Hektar Grundfläche als Gesellschaft optional zum Erwerb. Alle Gemeinden des Bezirks Jennersdorf sind prozentual zu gleichen Teilen an der neu gegründeten Gesellschaft beteiligt. Wir im Südburgenland-Management und in der Wirtschaftsagentur erledigen die Vermarktung und die Betreuung der Betriebsansiedelungen vor Ort. Alle Gemeinden im Bezirk teilen sich dann die Einnahmen zu gleichen Teilen auf. Eine super Sache, denn es profitieren auch jene Gemeinden, die nicht direkt an der S7 liegen. Sollte der Businesspark in Rudersdorf irgendwann einmal voll sein, würde es in Königsdorf eine Option auf einen weiteren geben. Unser Ziel ist es, Arbeitsplätze für die Menschen in der Region zu schaffen. Wir wollen vor allem die KMUs in der näheren Umgebung ansprechen, die dann als Ausbildungsstätten fungieren.
Ihr Vertrag läuft im heurigen Jahr aus? Werden Sie weitermachen?
Ja. Ich mache bis zum 31.12.2023 weiter. Ich bin dann 65 und möchte bis zum Schluss arbeiten, vorausgesetzt die Gesundheit lässt es zu. Es macht mir nämlich wahnsinnigen Spaß!
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