Reptilienschutz im Burgenland – Die Blindschleiche (Teil 2)

Wir schleichen uns. Zumindest inhaltlich und setzen unsere Serie über unsere heimischen Reptilien mit der Blindschleiche (genauer: Westliche Blindschleiche) fort.

von Franz Lex

Blindschleichen sind keine Schlangen! Mit ihrem langen, beinlosen Körper sieht die ca. 50 cm lange Blindschleiche einer Schlange zwar ähnlich und wird auch aufgrund der schlängelnden Fortbewegung für eine solche oft gehalten, doch zählt sie zu den Echsen innerhalb der Familie der Schleichen, obwohl ihr wissenschaftlicher Name „anguis fragilis“ (lateinisch anguis = Schlange, fragilis = zerbrechlich) sie missverständlich als zerbrechliche Schlange bezeichnet. Im Burgenland gehören die beinlosen Eidechsen zu den am häufigsten vorkommenden Reptilien.

 

Bei genauerer Betrachtung sieht man die Unterschiede:

Bei Schlangen sind die Augen mit der Haut, die sich über den ganzen Körper wie ein Strumpf erstreckt, bedeckt, während Eidechsen bewegliche, verschließbare Augenlider haben.

Bei der Jagd wird züngelnd Witterung aufgenommen.

Bei Schlangen wird die Haut in einem Stück abgezogen (Natternhemd), während sie sich bei Eidechsen in Fetzen vom Körper löst bzw. zu Wulsten zusammengeschoben (Blindschleiche) etappenweise abgestreift wird.

Trotz der Balztracht des Männchens in der Paarungszeit gibt es beim Weibchen der Smaragdeidechsen kein Brautkleid!

 Im Gegensatz zu Schlangen können Eidechsen bei Gefahr das Ende ihres Schwanzes abwerfen, der dann zuckend den Fressfeind ablenkt und der Eidechse die Flucht und somit das Überleben ermöglicht. Ein verkümmertes Schwanzende wächst wieder nach!

Eidechsen haben mehrere Sollbruchstellen im Schwanz.

Für ewig verstümmelt: Der nachwachsende Teil des Schwanzes ist nicht mehr das von früher.

Schlangen haben zahnlose Kiefer und schlucken die Beute im Ganzen. Eidechsen können mit ihren Zähnen die Beute zerkleinern oder zumindest festhalten (Schnecken) und dann im Ganzen verschlucken.

 

Blindschleichen sind nicht blind

Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass die Blindschleiche aufgrund ihres Namens blind sei. Das Althochdeutsche „plintslicho“ bedeutet blendend oder glänzend und bezieht sich auf das Glänzen der glatten Schuppen: „blendende oder glänzende Schleiche“.

 

Blindschleichen und deren Lebensräume werden vernichtet

Die intensive Land- und Forstwirtschaft, das Mähen von Böschungen mit Häckselgeräten, Wiesen mit Kreiselmähern und Hausgärten mit Rasenmäher, das Beseitigen von Sträuchern, das sinnlose Aufräumen der „unordentlichen“ Landschaft, der oft unnötige, sinnlose Einsatz von Spritzmitteln, der Straßenverkehr, das Erschlagen der vermeintlichen Schlangen und die drei H´s unter den Haustieren, wie Hund, Hauskatze und Hühner, tragen zum Rückgang der nützlichen Blindschleichen bei, die zu den streng geschützten Tieren zählen und deren Lebensräume nicht zerstört werden dürfen!

 

Blindschleichen gehören zu den ovoviviparen (ei-lebendgebärend) Reptilien

Nach der Paarung brütet das Weibchen die befruchteten Eier ca. drei Monate im Körper aus. Die ca. 10 Jungen befinden sich in dünnen, transparenten Eihüllen, die sie sofort nach der Geburt durchstoßen. Die sieben bis 10 cm langen, zierlichen „Goldfäden“ findet man im Spätherbst beim Sonnenbad, bevor sie mit anderen Reptilienarten in einem möglichst frostsicheren Versteck (Moospolster, Erdlöcher, Totholzhecken, Komposthaufen, Stein- und Trockenmauern) den Winter in Kältestarre verbringen. Blindschleichen können unter idealen Bedingungen ca. 40 Jahre alt werden.

Ab der Geburt sind junge Blindschleichen auf sich allein gestellt.

 

Fressen und gefressen werden!

Blindschleichen nehmen im Ökosystem eine wichtige Rolle ein! Einerseits vertilgen sie in der freien Natur und unseren Hausgärten Nacktschnecken, Regenwürmer, Raupen, Larven, Asseln, Zikaden, Blattläuse, Heuschrecken, Käfer, Ameisen, Spinnen etc. und andererseits haben sie viele Fressfeinde, wie Wildschwein, Dachs, Fuchs, Marder, Iltis, Igel, Ratte, Greifvögel, Storch, Reiher, Eulen, Rabenvögel, Rotrückenwürger etc. Junge Blindschleichen sind eine leichte Beute von größeren Singvögeln (Drosseln, Stare), Spitzmäusen, Maulwurf, Erdkröten, jungen Schlangen, Eidechsen, Laufkäfer etc. Die größten Gefahren gehen vom Homo sapiens und von den genannten Haustieren aus!

Gut getarnt beim Sonnenbaden.

 

Praktische Tipps:

  • Verwenden Sie im Hausgarten kein Schneckenkorn und keine Spritzmittel (Insektenvernichtungsmittel), denn damit vergiften Sie auch Eidechsen, deren Fressfeinde und die Tiere bis zum Ende der Nahrungskette. Es gibt kein sogenanntes Ungeziefer, das bekämpft werden muss, denn jedes Tier spielt eine wesentliche Rolle in der natürlichen Nahrungskette; ausgenommen sind invasive Arten (Rote Wegschnecke, Grüne Reiswanze etc.), die mit Nahrungsmitteln und anderen Gütern „importiert“ werden und bei uns keine natürlichen Feinde haben! Gift kommt auch über Regenwasser in Ihr Gemüse!
  • Hausgemachte Probleme sind Monokulturen, die gespritzt werden, weil in denen sich gewisse Arten innerhalb kürzester Zeit explosionsartig vermehren und die dementsprechende Kapazität der natürlichen Feinde Die Randbereiche werden auch von Blindschleichen als Lebensraum und Jagdrevier genützt.
  • Falls Sie Hühner halten: Überlassen Sie ihnen nur einen eingezäunten Bereich im Garten, denn Hühner (und Katzen) fressen alles, was sie überwältigen können, und sind der Tod der Natur!
  • Pflanzen Sie Vogelschutzhecken (Liguster, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Holunder) und winterharte Polsterstauden (Sonnenhut, Oregano), die als Unterschlupf und Lebensräume von Eidechsen gerne angenommen werden. Die verholzten Polsterstauden bleiben bis Ende März für die Überwinterung von Insekten, deren Eier, Larven, Raupen und Puppen und Spinnen und als Nahrungsquelle (Samen) für Vögel stehen.
  • Ein vielfältig gestalteter Garten und nicht aufgeräumte Bereiche sind ideale Voraussetzungen für Blindschleichen.
  • Schaffen Sie mit Totholzhecken, Steinhaufen, Wurzelstöcken, Komposthaufen und Steingärten (mit Kräutern) Lebensräume und Überwinterungsmöglichkeiten (nicht nur) für Eidechsen.

Baumstumpfteile von Eichen und Wurzelstöcke aus dem Wald halten viele Jahre und sind ideale Unterkünfte und Sonnenliegen für Eidechsen.

Hier geht es zu Teil 1 der Serie!

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