Nun wird im Sautanzblog gemordet: im Interview die Krimiautorin Martina Parker

Martina Parker hat vor zwei Jahren ihren Brotberuf an den Nagel gehängt und beschlossen Autorin zu werden. Soeben ist ihr zweites Buch Hamdraht erschienen.

Martina Parker

Sautanz: Wie immer als erste Frage zu Beginn unseres Interviews: stelle Dich bei unseren Leserinnen und Lesern selbst kurz vor.

Martina Parker: Mit meinem „typisch burgenländisch klingenden Nachnamen“, den ich meinem Ehemann aus England verdanke, komme ich ursprünglich aus dem Südburgenland. Jahrelang arbeitete ich als Journalisten quer über den Globus, entschied mich aber vor dem ersten Corona-bedingten Lockdown aus einer Intuition heraus meinen Job bei einer großen Frauenzeitschrift aufzugeben. Ich kann mich noch genau an das Datum erinnern: 13. März 2020. Ohne Job und großen Plan – und mit viel zu viel Klopapier – saß ich zuhause und beschloss kurzerhand einen Kriminalroman zu schreiben. Im Nachhinein war der Zeitpunkt goldrichtig. Während alle Leute, die mich anriefen, über Corona sprechen wollten, hatte ich keine Lust darauf und gleich die beste Ausrede parat: ich muss heute noch zehntausend Zeichen schreiben, ich kann jetzt nicht reden 😊

Wenn man Deine Karriere verfolgt, scheint es wohl ein sehr mutiger Schritt gewesen zu sein, aus dem arrivierten Beruf herauszugehen und nun Schriftstellerin zu sein. Was hat dich dazu bewogen Autorin zu werden?

So gut wie alle Journalisten, die ich kenne, reden davon einmal ein Buch zu schreiben. Bloß die wenigsten tun’s tatsächlich. Irgendjemand hat es auch mal treffend formuliert: die meisten Journalisten haben ein Buch im Kopf und es ist besser, dass es auch dort drinnen bleibt. Am Ende geht es darum, es einfach zu machen – auch ohne einen großen Plan zu haben. Ich schrieb so vor mich hin, frei nach dem Motto „so könnte es den Lesern und Leserinnen gefallen“. Klassische Genregrenzen habe ich bewusst übersprungen. Meine Figuren erhalten wie in einem Gesellschaftsroman einen breiten Raum sich dem Publikum vorzustellen. Dann baue ich ausführliche Passagen wie aus einem Reiseführer ein. Zudem nehme ich Anleihen aus dem Kabarett samt Slapstick-Einlagen. Bevor Zuagraost erschien, warnten mich Buchinsider: Das kann nichts werden. Das Buch sei zu dick, das Genre Gartenkrimi gäbe es gar nicht, Aufbau der Story und Coverdesign wären anders als gewohnt, ein Mundarttitel sei zu riskant usw. Im Nahhinein denke ich, dass genau der Umstand, dass es sowas so noch nicht gab, so gut angekommen ist. 

Zu meiner unglaublichen Freude und Überraschung läuft es wie Sau, um bei eurem Blognamen zu bleiben. Zuagroast ist in der siebenten Auflage, Hamdraht kletterte schon in der ersten Woche auf Platz drei in der österreichischen Bestenliste. Schlussendlich war es reines Bauchgefühl in mir, den Weg zur Autorin zu wagen. Es war eine leiwande Zeit als Journalistin, ich bin durch die Welt geflogen und habe herrliche Abenteuer erlebt, aber alles hat seine Zeit.

Woher nimmst Du die Inspiration für Deine Bücher? Welche Erlebnisse aus dem echten Leben verarbeitest Du in Deinen Werken?

Ich höre Sätze im Alltagsleben, schnapp‘ sie auf und schreibe sie mir nieder. Im Nachgang denke ich mir rund um diesen Satz ein Kapitel aus. Erst kürzlich sagte eine alte Freundin von mir „Wenn i in der Fruah aufsteh‘, schau i ob eh no ka Zettel auf meiner Zechn hängt“. Das triggerte mich sofort und ich hatte ein neues Kapitel im Kopfkino bereits vorgezeichnet. Diese Sätze sind wirklich Gold wert für meine Arbeit. Im Mittelpunkt meiner Gartenkrimi-Reihe steht immer eine andere Person sowie ein anderes Naturthema. Beim ersten war es Erde, Naturboden und Kompostieren, beim zweiten Buch ging es um Wasser und letztlich handelt es sich im dritten Roman um den Wald.

In Deinen Büchern schreibst Du sehr detailreich – neben der eigentlichen Krimihandlung – über das Garteln und diverse Themen in der Natur. Wie viel Recherchearbeit steckt da dahinter?

Ich liebe den Garten und somit war es quasi eine logische Folge, dass ich das Genre „Gartenkrimi“ begründe. Als ausgebildete Kräuterpädagogin und ehemalige Wienerin-Journalistin in den Ressorts Kosmetik, Essen und Trinken lag mir der Garten schon aus dieser Zeit sehr nahe. Die Recherchearbeit um die bestimmten Themenkreise macht mir Riesenspaß. Wahrscheinlich ist dies auch meinem journalistischen Hintergrund geschuldet, sich in gewisser Form hingebungsvoll in die einzelnen Themen zu vertiefen. Das reicht von der digitalen Recherche bis hin zu alten Kräuterbüchern, die ich irgendwo aufstöbere. Meine Such-Algorithmen haben für Außenstehende wohl einen sonderbaren Charakter wie beispielsweise das Liebesleben der Nacktschnecken oder der Rausch der Engelstrompete.

Außerdem liefert mir die Online-Community immer großartige Impulse für die Romane. Die Leute von der Montagsumfrage beteiligen sich interaktiv am Schreiben des Romans und melden sich über private Nachrichten zu speziellen Themen, zu denen sie sich ein Wissen angeeignet oder Erfahrungen gesammelt haben. Da kommen durch die Bank ganz tolle Inputs und ich bin meiner engagierten Community sehr dankbar! Natürlich gehört es auch zu meiner Recherchearbeit professionelle Experten wie Gerichtsmediziner oder Rettungstaucher anzurufen.

Ihr habt etliche Jahre in Wien verbracht. Wie erging es euch als Familie beim Wechsel in das beschauliche Südburgenland? Welche persönliche Rolle spielt die Region für Dich?

Wir pendeln immer noch zwischen den beiden Welten. Unser Sohn geht noch in Wien zur Schule, daher haben wir dort eine kleine Wohnung behalten. Ich selbst arbeite auch ein, zwei Tage in Wien. Meine Freundschaften aus der Schulzeit bestanden auch in der Zeit als ich das Südburgenland verließ, von daher war es einfach hier wieder anzuknüpfen. Für mich verbindet sich mit Wien und Burgenland das Beste aus beiden Welten.

Für mich hat jede Region im Burgenland eine eigene Energie. Das mag sich zwar esoterisch anhören, aber ich kann es anders nicht ausdrücken 😊

Zuletzt sprachen wir mit dem Historiker Oliver Rathkolb über die Burgenland-Identität und das Gefälle zwischen Kittsee und Kalch. Als waschechte Südburgenlandlerin: Wie siehst Du das Burgenland im Jahr 2022? Welche Veränderungen nimmst Du nach Deiner Rückkehr wahr?

Sehr viel mehr Kreisverkehre als früher 😊. Was ich kritisch und gleichzeitig traurig finde, ist dieser Trend zur Verhüttelung im Burgenland. Hier wären strengere Regularien, dass dieser Entwicklung vorbeugt, sicherlich vorteilhaft. Exemplarisch sind hier die Einkaufszentren, die wie aus dem Boden schießen und nach zehn Jahren wie Ruinen hinterlassen bleiben, während daneben ein neues Geschäftsgebäude errichtet wird. Was definitiv blieb ist diese tolle, hilfsbereite Art der Burgenländer. Ich finde, das ist schon was ganz Spezielles hier. Gerade im aktuellen Krieg in der Ukraine erfahre ich persönlich diese unglaubliche Hilfsbereitschaft der Menschen in meiner Umgebung.

Bücher zu schreiben, bedeutet einen Heidenaufwand und viel Muse. Welche Resonanz aus Deinem Umfeld und Bekanntenkreis gibt es zu Deiner schriftstellerischen Tätigkeit bisher?

Alle meine Freunde und Bekannte nehmen extrem stark Anteil daran. Die freuen sich auch wirklich mit diesem oagen Erfolg. Eine Freundin hat immer gesagt: “Das wird ein Bestseller!“. Ich hab dem nur entgegnet, dass sie ja keine Ahnung vom Buchmarkt hätte. Ein Buch wird schließlich nicht einfach so ein Bestseller. Sie haben mich aber wirklich sehr unterstützt, vor allem beim Testlesen. Die Geduld meiner Familie ist sowieso grenzenlos. Wenn ich nämlich mal in diesem Schreibsog drinnen ist, will ich auch nicht gestört werden. Mein Mann und mein Sohn mussten immer auf Zehenspitzen ums Arbeitszimmer herumschleichen, da ich irrsinnig grantig werde, wenn ich aus dem Schreiben herausgerissen werde. Kein Schreiber schreibt ja wirklich gerne. Das tolle Gefühl ist geschrieben zu haben, also wenn’s dann auch heraußen ist. Ähnlich wie Gebären 😊

Wo und wann kann man Dich live in einer Lesung bewundern?

Das aktualisiere ich ständig auf meiner Website. Es sind so ca. dreißig im Jahr, eigentlich in ganz Österreich. Ein Höhepunkt sind sicherlich die Gartentage und das Kramuri im Schloss Kohfidisch im Juni bzw. September, wo es auch E-Bike Tours zu den Originalschauplätzen mit anschließenden Lesungen zu Zuagroast und Hamdraht geben wird. Auf die beiden Events freue ich mich schon sehr. Vor allem auch, weil ich da die Leute auch aufklären kann, dass meine Figuren teilweise frei erfunden sind.

Das wissen übrigens die wenigsten: Autoren leben mehr von Lesungen als von Büchern. Deshalb war auch die Coronazeit für viele Autoren so schwierig.

Lass uns einen Blick in die Ferne wagen: Kannst Du uns einen kurzen Ausblick geben, wie es mit der Gartenkrimi-Reihe weitergeht?

Ich schreibe gerade an dem nächsten Teil: Aufblattelt. Jeden Montag können meine Fans auf meiner Facebook-Seite „Martina Parker schreibt“ über Nebenstränge in meinem Buch entscheiden, wie es denn weitergeht. Ich möchte auch unbedingt einen Weihnachtskrimi schreiben. Hier in Bad Tatzmannsdorf haben wir ja das Weihnachtshaus, wo schon eine Art Weihnachtstourismus im Burgenland entstanden ist.

Was mich persönlich auch sehr freut sind die, ich nenne sie, Burgenland-Kooperationen, die durch das Buch entstanden sind. Zum Beispiel haben wir mit Uschi Zezelitsch und Stefan Zwickl von aus Frauenkirchen einen Leseduft gemacht, der in den Buchhandlungen mit dem Hamdraht-Labeling verkauft wird.

Was noch ganz witzig ist: Ein Reisebüro in Oberwart bietet zwei E-Bike Touren angelehnt an die Illuminati-Tour in Rom oder der Sex and the City-Tour in New York, zu den Originalschauplätzen an.

Sautanz Word-Shuffle:

Glück

Glück ist ganz wichtig, muss man sich aber selber schaffen. Und ist schon auch zum Großteil eine Haltung.

Celebrities

Meist überschätzt. Die meisten ganz, ganz großen Celebrities würden hier jetzt genauso locker sitzen und mit uns plaudern.

Nacktschnecken

Oh Gott. Ein Albtraum.

Natur

Ganz wichtig und schützenswert. Der Mensch kapiert immer noch nicht, dass er die Natur braucht.

Britischer Humor

Liegt mir sehr am Herzen. Er macht mir selber Spaß, darum teile ich diese Leidenschaft auch mit meinen Lesern.

Sautanz

Nose-to-tail. Das beste und respektvollste, was es gibt. Wies früher üblich war.

 

Zuagroast und Hamdraht sind überall im Buchhandel und auch online als Printausgabe, E-Book und Audio-Book erhältlich. Die Hörbücher können auch über Spotify und Amazon gestreamt werden.

Info und Bestell-Link.

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