In memoriam: Paul Gludovatz, eine burgenländische Trainer-Legende

Mit Paul Gludovatz verlor der österreichische Fußball nicht nur einen der profiliertesten Förderer des Nachwuchses, sondern eine personifizierte Antithese zum kommerzialisierten „modernen“ Fußball. Ein Nachruf von Hubert Herzog.

Paul Gludovatz

„Im Kreise der Familie zum einen, zum anderen tuts gut wenn einem Freunde gratulieren und zum dritten gehört ein gutes Glas Rotwein dazu“. Diese Antwort in einem Interview 2008 auf die Frage wie er den Erfolg bei der Junioren WM 2007 feierte, zeigt wie Paul Gludovatz gestrickt war.

Geradlinig, bescheiden und bodenständig.

In den 27 Jahren, die er für den ÖFB verschiedenste Nachwuchsteams betreute, profitierten mehrere Spielergenerationen von Gludovatz’s Fachexpertise und seiner Lebensweisheit. Ein ganz besonderes Highlight stellt sicherlich das Erreichen des Finales der U16 Europameisterschaft 1997 dar, in dem Österreich gegen Spanien erst im Elfmeterschießen den Kürzeren zog. Medial um einiges mehr Beachtung fand der vierte Platz bei der U20 Weltmeisterschaft in Kanada 2007, wo kurz vor der Heim-EM 2008 eine neue goldene Generation die Bühne betrat. Einige Spieler aus dem von Gludovatz nominierten Aufgebot wurden später für viele Jahre zu Stammkräften im österreichischen Nationalteam, allen voran Martin Harnik und Zlatko Junuzovic.

 

Vom Nord- ins Südburgenland

Seine eigene Karriere begann gemächlich. Aufgewachsen in Zillingtal im Raum Eisenstadt führte ihn die Liebe ins Südburgenland nach Eberau im Bezirk Güssing. Dort schnürte er für den örtlichen Fußballverein die Schuhe, später auch für den SV Oberwart. Er hätte die Möglichkeit gehabt Profi zu werden, entschied sich jedoch für die Trainerlaufbahn, die er ebenfalls beim SV Oberwart begann. 1981/82 gelang unter seiner Führung der Landesmeistertitel. Nachdem er im gleichen Jahr seine Trainerausbildung beim ÖFB abgeschlossen hatte, erhielt er umgehend die Möglichkeit für den ÖFB in der Nachwuchsarbeit aktiv zu sein.

SV Oberwart

Mannschaftsfoto SV Oberwart 1981/82 (Quelle: Momentothek Oberwart)

Nachdem er durch die Erfolge mit den Nachwuchsmannschaften 2003, 2006 und 2007 für viel positive Aufmerksamkeit gesorgt hatte, wagte er 2008 schließlich den Sprung zum Bundesligatrainer und übernahm das Traineramt bei der SV Ried. In Ried werkte er bis 2012  und führte die Mannschaft sensationell 2010 sowie 2011 zum Herbstmeister. Am Ende der Saison 2011 durfte auch über den Sieg im ÖFB Cup gejubelt werden, nach 1998 der größte Erfolg in der Rieder Vereinsgeschichte.

Es folgte ein kurzes Intermezzo als sportlicher Geschäftsführer bei Sturm Graz und ein Trainerposten beim TSV Hartberg, ehe sich Gludovatz vorerst aus dem Profifußball zurückzog. 2015 gab er noch einmal ein Comeback und sprang für eine Saison bei „seiner“ Ried ein.

 

Engagement für vertragslose Fußballer

Neben seinen Profi-Engagements nahm er sich auch immer Zeit für andere Projekte wie zum Beispiel die Mitwirkung am VdF-Camp („Vereinigung der Fußballer) für vertragslose Fußballer. Wie wichtig das „menscheln“ für Gludovatz war, zeigt sein Statement in einem Interview aus dem Jahr 2018. Befragt dazu was er aus der Arbeit bei der VdF gelernt habe antwortete er: “Ich habe dabei mehr gelernt als bei all meinen anderen Stationen als Trainer. Hier war ich tatsächlich mit einzelnen Schicksalen konfrontiert, habe echt in die Seele der Spieler schauen können.“ Er setzte sich besonders aktiv ein, um bei der Vermittlung dieser Spieler zu einem neuen Verein zu helfen.

Mit Paul Gludovatz hat der österreichische Fußball nicht nur ein Original verloren sondern auch einen Mann, der sein Leben dem Fußball abseits der medialen Beachtung gewidmet hat, unzählige junge Spieler für den Fußballsport begeistert und geformt hat.

 

Quellen des verwendeten Bildmaterials:

 

Hubert Herzog lebt im nördlichen Weinviertel und liebt es über (auch burgenländischen) Fußball zu schreiben. Neben seinem Hauptberuf engagiert sich Hubert als Fußballhistoriker und publiziert von Zeit zu Zeit in diversen Sportmedien. Erste literarische Schritte unternahm der Autor bereits im Kindesalter, die Projekte blieben jedoch unvollendet und so dauerte es bis 2017, ehe er seinen ersten Roman „Kennen Sie Proust?“ fertigstellte (welcher mit dem «Best Author 2018 Award« des Karina-Verlags ausgezeichnet wurde). Sein neuestes Werk „Wiener Lebensspiel“ erschien im Oktober 2019 im Karina-Verlag.

 

 

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