In Mattersburg wird wieder Fußball gespielt – die Neugründung des MSV 2020

Manfred Strodl, Obmann des MSV 2020, berichtet im Interview über turbulente Zeiten, eine schnelle Entscheidung und die Ziele des MSV

Manfred Strodl MSV 2020

Wenn wir an Mattersburg denken und einmal die aktuelle Misere um die gestrauchelte Commerzialbank geflissentlich beiseitelegen, dann fallen uns konkret zwei Dinge ein (oder auch mehr, aber wir wollen die Sache nicht zu komplex gestalten). Aus den Tagen des von „Jennersdorf nach Neusiedl-Pendelns“ per Bus blieb die ewig lange geradlinig verlaufende Straße von Sieggraben kommend in Erinnerung. Zuzeiten ohne S31 die Lebensader als Verbindungslinie zwischen Süd-Mittel-Nord, die heute im wahrsten Sinne des Wortes ein Schattendasein der hochfrequentierten Schnellstraße fristet. Zum anderen durften die beiden Autoren dieses beschaulichen Regional-Blogs das eine und andere Mal im (ehemaligen?) Epizentrum des burgenländischen Fußballs, gegen die Basketballer der 49ers ihr konkurrenzloses Anti-Talent zur Schau stellen – aber das ist eine andere Geschichte und soll auch im Sinne unseres seelischen Wohlbefindens nicht näher erörtert werden.

Da wir schon zur Ouvertüre gschmalzig in Erinnerungen schwelgen, möchten wir nun gerne den Blick nach vorne richten und uns im Gespräch mit Manfred Strodl über die Zukunftsfähigkeit des ballesterischen Vergnügens in Mattersburg und des MSV 2020 unterhalten. In unserem ersten Blog-Interview stand uns der junggebliebene Ur-Mattersburger Rede und Antwort:

Sautanz: Turbulente Zeiten hier in Mattersdorf. Was ist die letzten Wochen passiert?

Manfred Strodl: Die Geschichte ist einzigartig: am 5. August fand die Generalversammlung des SVM statt, in der beschlossen wurde den Verein aufzulösen. Am gleichen Abend wurde ich angerufen und gefragt, ob ich bei einer Neugründung als Obmann zur Verfügung stände. Ohne zu wissen was, auf mich zukommt, habe ich spontan gesagt „Okay, ich machs!“

Die Ausgangslage war denkbar schwierig: Keine Heimstätte, aber 120 Kinder aus der Jugend, die es in den neuen Verein zu überführen galt. Diesen Abend kann man jedenfalls als Geburtsstunde des MSV 2020 bezeichnen. Die offizielle Vereinsgründung erfolgte dann ein paar Tage später am 10. August. Ab dann ist es so richtig los gegangen: Mit dem Land Burgenland musste eine Übereinkunft über die Spielstätte getroffen werden, beim Verband mussten wir den Verein und die jeweiligen Mannschaften nennen, es galt neue Dressen für unsere Kinder zu erwerben. Und das alles eine Woche vor Meisterschaftsbeginn!

Ganz besonders stolz bin ich darauf, dass wir eine eigene Mädchenmannschaft haben.

Eines muss ich dabei betonen: Ohne die Unterstützung aller Beteiligten im Verein, der Gemeinde, des Landes und der Bevölkerung in Mattersburg wäre dieser Schritt nicht möglich gewesen.

Ehrlich gesagt drängt sich eine wesentliche Frage: Warum tut ihr euch sowas an?

Dazu muss ich etwas ausholen. Ich war damals mit 14 Jahren Spieler von Mattersburg in der Schülerliga. Musste mich bald aber zwischen Beruf und Fußball entscheiden. Ich habe dann nach meiner beruflichen Ausbildung die Fußballschuhe an den Nagel gehängt. Im Laufe der Jahre ist der Verein dann immer mehr gewachsen, was ich laufend verfolgt habe, weil ich als Mattersburger natürlich auch Fan war. Als ich heuer im Sommer gefragt wurde, den neu gegründeten MSV2020 als Obmann zu vertreten, habe ich nicht gezögert, denn Mattersburg ist meine Heimat und darauf bin ich stolz.

Wie hat die Bevölkerung die Neugründung aufgenommen? Gab es viele positive Reaktionen?

Ja, total viele. Ich werde oft auf der Straße angesprochen und man spürt die Euphorie der Leute. Sie sehen, dass da etwas im Entstehen ist. Wir haben seit der Neugründung 400 Vereinsmitglieder. Das ist unglaublich. Ich denke, die Leute wissen: wenn ich etwas mache, dann mache ich es mit Leidenschaft und stehe zu hundert Prozent dahinter.

Welche Rolle soll der neu gegründete Verein in der Region spielen?

Unser Ziel ist es ehemalige Mattersburger Spieler, die in den umgebenden Ortschaften spielen, wieder an den Verein zu binden. Gemeinsam mit unseren jungen Talenten soll ein guter Mix entstehen. Die Jungen sollen dabei langsam in die Mannschaft reinwachsen. Für den Meisterschaftsbetrieb brauchen wir rund 30 Spieler (Kampfmannschaft plus Reserve). Ich bin überzeugt davon, dass uns das gelingen wird und hier in Mattersburg etwas im Entstehen ist.

Quo Vadis Erwachsenenfußball in Mattersburg? Oder ist die Ambition die Talente der Zukunft für die umliegenden Vereine auszubilden?

Wir starten im Herbst 2021 mit dem Erwachsenenfußball. Wir beginnen dabei bei null. Das heißt ein Neustart in der 2. Klasse. Unser Ziel ist es in fünf bis zehn Jahren eine solide Regionalligamannschaft aufzubauen. Dabei ist uns eines wichtig: Wachstum ja, aber nur mit Maß und Ziel. Deswegen auch der Start in der 2. Klasse. Da kann was zusammenwachsen. Ich denke, es ist nicht nachhaltig Unsummen an Geld in den Verein zu stecken und Spieler damit zusammenzukaufen, die sich nicht mit dem Verein identifizieren. Wir wollen auf die Jugend aufbauen und diese Spieler in die Mannschaft schrittweise integrieren.

In den letzten Jahren sind einige Fußballklubs im Burgenland verschwunden bzw. haben sich über die Ortsgrenzen hinaus zusammengeschlossen. Jetzt ist die Situation eine spezielle in Mattersburg. Als langjähriger Beobachter würde uns deine Meinung zum gegenwärtigen Status des Lokalsports interessieren?

Meiner Meinung spielen zwei Dinge dabei eine Rolle: Zum einen schrecken viele, seitdem die persönliche Haftung für Vorstandsmitglieder eingeführt wurde, davor zurück, eine Funktion in einem Verein zu übernehmen. Die Leute haben Angst mit ihrem privaten Vermögen für einen Verein zu haften. Ich glaube als zweites kommt der Stress im Berufsleben hinzu, weshalb viele junge Menschen schlicht auch keine Zeit für so etwas haben. Dabei ist es doch wichtig, dass es gerade die kleinen Vereine gibt. Am Matchtag da ist was los in der Ortschaft, da trifft man sich am Sportplatz und tauscht sich aus.

Was sind die Zukunftspläne bzgl. des Stadions? Droht ein Lindenstadion-Schicksal wie in Eisenstadt?

Hier bin ich vorsichtig optimistisch, dass wir wieder Fußball im Pappelstadion sehen können. Es gibt Gespräche mit der Stadt Mattersburg und dem Masseverwalter. Wir werden sehen was die Zukunft bringt…

Welche Vision gibt es für den MSV 2020?

Aus heutiger Sicht wäre es Top, wenn wir es schaffen in fünf bis zehn Jahren in der Regionalliga Fuß zu fassen. Uns ist es dabei wichtig den Verein auf eine breite Basis zu stellen. Denn wie viele Clubs gibt es in Österreich, die nur von einer Person abhängen? Hier müssen wir ein sicheres Fundament für die Zukunft bauen.

Am Mattersburger Stadtrand - die Fußballakademie Burgenland

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Factbox

Manfred Strodl (67)

Aufgewachsen und heute noch in Mattersburg sesshaft.

Nach der HTL Wiener Neustadt beginnt die Karriere in Wien, die ihn vom Bauleiter, über Geschäftsführer hin zum erfolgreichen Unternehmensgründer gelingen sollte. Seit diesem August fungiert Manfred Strodl als Obmann des neu gegründeten Mattersburger Sportverein 2020.

 

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