Erinnerungen an die Osterfeiertage im Burgenland

In diesem Artikel lässt uns Franz Lex wieder eintauchen in das Burgenland der 1960er Jahre und er erinnert sich dabei an die Osterfeiertage und Bräuche aus seiner Kindheit.

Ostern Burgenland

Eines sei vorweggenommen: Die Bräuche und Rituale zu Ostern sind landauf und landab sehr verschieden. Wir, also wir Blogschreiberlinge, wissen darüber viel zu wenig und freuen uns auch über einen regen Austausch. Wird es im Norden anders gemacht? Die Erinnerungen von Franz Lex jedenfalls haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sind eher als Momentaufnahme zu sehen, wie es damals war in Neuhaus am Klausenbach….

Ostern. Ein Fest mit bedeutenden Symbolen, regionalen Traditionen, beliebten Bräuchen und strengen Regeln. Einige Monate, Wochen und Tage vorher beginnen die üblichen Rituale und Vorbereitungsarbeiten.

Ausräuchern mit Palmbuschen

Am Heiligen Abend, der neben dem Silvesterabend und dem Abend vor dem Dreikönigstag zu den drei Raunächten gehört, werden die Reste vom Palmbuschen, der am Palmsonntag geweiht (streng genommen wird er ja gesegnet) wird, vom Dachboden geholt und mit verschiedenen Kräutern auf die Holzglut in einem Blecheimer gelegt, der nicht ganz mit dem Deckel verschlossen wird, damit noch Rauch austreten kann. Während der Hausherr, gefolgt von allen Hausbewohnern, durch alle Räume des Bauernhauses inklusive Stallungen, Scheune und Erdkeller geht und diese ausräuchert, wird Rosenkranz gebetet, um Gottes Hilfe und Segen für Menschen, Tiere, Haus und Hof zu erbitten. Eine alte Überlieferung sagt, dass am Heiligen Abend die Tiere im Stall sprechen!

Ein schmackhafter Osterschinken braucht seine Zeit zum Reifen

Beim Obstechn (Sautanz) im Winter wird der Osterschinken abhängig von der Größe für sieben bis zehn Wochen eingebeizt, d.h. in eine Salzlake mit Pökelsalz, Zucker, Wasser und Gewürzkörnern gelegt, damit Salz und Gewürze in das Fleisch bis zu den Knochen komplett einwirken können. Der danach geräucherte Schinken wird bis Karsamstag in einem dunklen, kühlen Luftkeller aufbewahrt.

Beginn der 40-tägigen Fastenzeit

Nach der Sautanzzeit beginnt die Fastenzeit. Am Aschermittwoch, der ein strenger Fasttag ohne Fleisch ist, wird eine einfache Mahlzeit erst zu Mittag eingenommen. Am Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit werden die Gläubigen mit der Asche der verbrannten Palmbuschen mit einem Kreuz auf der Stirn bezeichnet. Mit dem Empfang des Aschenkreuzes soll der Mensch an seine Vergänglichkeit erinnert und zur Umkehr aufgerufen werden, wobei der Priester die Worte spricht: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staube zurückkehrst!“

In der Fastenzeit wird das Osterfeuer vorbereitet

E-Mail“, Recycling und Neophytenbekämpfung gab es schon in den 60ern.

Unweit unseres Hauses befindet sich eine Wasserquelle. Die ständige Feuchtigkeit verursacht eine Hangrutschung, die wir „Erdpress“ nennen. Da das umliegende Areal nicht bewirtschaftet werden kann, wachsen dort viele Arten von Sträuchern und Bäumen durch natürlichen Anflug; sowohl vom Wind als auch von Vögeln im Darm oder Schnabel. Neben Eiche, Haselnuss, Vogelkirsche, Apfel- und Birnbaum (Wildlinge), Ahorn, Zitterpappel, Salweide, Holunder, Schlehdorn, Wildrose und Hartriegel gedeiht auch die Akazie (Robinie) prächtig. Unsere Erdpress entwickelt sich für uns und unsere Nachbarn zu einem beliebten Kommunikationszentrum.

Während die Erwachsenen dort jahrzehntelang ihren Sperr- und Restmüll wie unbrauchbare Möbel, alte Öfen mit Rauchrohren, kaputte landwirtschaftliche Geräte, angeschlagenes Emailgeschirr, irdene in Brüche gegangene Töpfe, Mostplutzer, Milchstiezen, Backformen und Flaschen, kaputtes Keramikgeschirr und Glasscherben der Endlagerung zuführen, wird das „Wertlose“ der Erwachsenen von uns Kindern an Sonntagnachmittagen einer „sinnvollen“ Wiederverwendung zugeführt. Nachdem sich Schlehdorn und Akazie mit ihren Wurzeln und Wurzelschösslingen bis auf den Ackerrain und zum Ackerrand vorarbeiten und aufgrund der Sperrigkeit und ihrer Dornen und Stacheln zum Anheizen im Küchenherd ungeeignet sind, werden sie im Osterfeuer am Karsamstag verbrannt. Mit Heindl, Handsäge und Hetsch ausgerüstet gehen wir ans Werk. Nach dem Freilegen der Wurzeln mit dem Heindl sägen oder hacken wir sie stückweise ab und bringen sie und die abgehackten Wurzelschösslinge zum Osterfeuerplatz in der Nähe. Im Laufe der Zeit wird der Haufen mit alten Wurzelstöcken von Fichten und Kiefern aus dem Wald, die Kienspan enthalten (Kienspangraben), groben, kernigen und astreichen Brennholzscheiten, die sich trotz großer Anstrengung nicht spalten lassen und nicht durchs Ofentürl passen, überschüssiges Obstbaumschnittgut, das nicht zum Anheizen verwendet wird, und morschen Stammstücken, die keinen Brennwert mehr haben, aufgefüllt.

Salweiden: Eine der ersten Nahrungen der Bienen

Im Gedenken des Einzugs Jesu Christi in Jerusalem werden für die Palmweihe am Palmsonntag Zweige der Salweide mit Buchsbaumzweigen zum so genannten Palmbuschen gebunden. Nach dem Mittagessen wird auf das Kreuz im Herrgottswinkel in der Küche ein Palmzweig gesteckt. Im Rahmen einer Felderbegehung werden einzelne Palmzweige auf jedem Acker in die Erde gesteckt. Der Rest des Buschens wird im Dachboden bis zum Heiligen Abend (1. Raunacht) aufbewahrt. Die Palmzweige werden einige Wochen vorher geschnitten, da sie um die Osterzeit schon blühen. Da Pollen und Nektar der Salweide zu den ersten Nahrungen für Bienen, Wespen, Wildbienen, Schmetterlinge und Käfer zählen, ist es ratsam und empfehlenswert, Palmzweige nur in begrenzten Mengen zu verwenden.

 

Gründonnerstag – Der Name des Tages bestimmt die Farbe der Speise

Am Gedächtnistag des letzten Abendmahls mit seinen Jüngern und der Einsetzung der Eucharistie durch Jesus Christus, dem Gründonnerstag, wid nach altem Brauch grünes Gemüse und grüne Kräuter (Spinat) gegessen. Am Abend in der Kirche spielt während der Abendmahlfeier beim Gloria das letzte Mal die Orgel, läuten die Altarklingeln und die Glocken und verstummen bis zur Auferstehungsfeier am Karsamstag: die Glocken fliegen nach Rom. In dieser Zeit rattern anstatt der Klänge der Glocken, Orgel und anderer Instrumente die Osterratschen. Nach der Predigt werden vom Priester zwölf auserwählten Männern die Füße gewaschen.

Keine Erdarbeiten am Karfreitag und Karsamstag

Der Karfreitag ist ein strenger Fasttag ohne Fleischkonsum; es wird auch kein Schweineschmalz zum Kochen verwendet! Die erste bescheidene Mahlzeit gibt es zu Mittag: Bohnensuppe mit Sterz. Im Gedenken des Leidens und Sterbens Jesu Christi am Kreuz und im Zeichen der Ruhe werden sowohl auf den Feldern als auch im Küchengarten und im Haus (Umtopfen von Pflanzen) am Karfreitag und am Karsamstag keine Erdarbeiten verrichtet. Im Gedenken an Jesu Tod läuten jahraus jahrein jeden Freitag (außer am Karfreitag) um 15.00 Uhr die Kirchenglocken, und wird auch kein Fleisch gegessen. Einfache Freitagsmahlzeiten: Apfel-, Topfen- und Grumpanstrudel, Bohnensuppe mit Kukuruzsterz, Schwammerlsuppe mit Heidensterz.

Trotz Fasttag ist der Karsamstag ein intensiver Arbeitstag

Am Vormittag des Karsamstages werden Osterschinken und Eier gekocht, von den größeren Kindern heimlich Eier gefärbt und das „Weichbrot“ gebacken. Für das Weißbrot wird am Vortag die Backmulde mit dem Weizenmehl in der Küche abgestellt, damit alles über Nacht Raumtemperatur annimmt. Mit Reisig (Gstaurich) und dünneren Ästen wird ein Feuer im Backofen entzündet und dieser danach mit Klaubholz (abgefallene dürre Äste, Schneebruchholz und Restholz von der Holzernte) befeuert. Mit lauwarmer Milch, Zucker und Germ wird in einem Häferl ein Dampfl angerührt und zum Aufgehen auf den lauwarmen Rand des Küchenherdes gestellt. Zucker, Salz und Dampfl werden mit dem Mehl vermengt und mit Milch oder Süßrahm zu einem festeren Teig geknetet, der neben dem warmen Herd auf das doppelte Volumen aufgeht.

Nachdem das Gewölbe des Backofens eine helle Farbe annimmt und das Klaubholz komplett niederbrennt, wird der Innenraum mit dem Backofenblech abgeschirmt. Damit die Hitze von der Glut in die Seitenwände und den Boden rund um die Glut einwirken kann und dadurch der gesamte Backofen eine gleichmäßige Hitze annimmt. Nach nochmaligem Kneten des Teiges werden mit dem Loazholz Laibe geformt, die in mit bemehlten Geschirrtüchern ausgelegten Brotkörbchen (Loazkörbal) gelegt und zum Aufgehen wieder zum Küchenherd gestellt werden. Die verbliebenen Glutreste und die Asche werden mit der Ofenkrucke aus dem Backofen gezogen und in einem Blecheimer zwischengelagert bis die Glut komplett erloschen ist. Mit einem auf einem Holzstock gebundenen nassen Fetzen werden die restliche Asche entfernt und der Backofenboden gereinigt. Die Holzkohlenreste und die Asche werden im Frühjahr zur Auflockerung der Erde im Gemüsegarten auf die Beete gestreut und eingearbeitet.

Osterbrot

Mit der Zuglampe, die über den Küchentisch montiert ist, wird der Backofen ausgeleuchtet, um zu sehen, dass der Ofen sauber ist, um den Platz beim Einschießen der Laibe besser einteilen zu können und um zu schauen, ob das Brot schon fertiggebacken ist. Nachdem der Backofen sauber ist, werden die aufgegangenen Laibe auf die Ofenschüssel gestürzt, mit verquirltem Ei bestrichen und eingeschossen. Am Ende der Backzeit, die von der Größe der Laibe abhängt, werden die Weihbrotlaibe vorsichtig mit der gereinigten Ofenkrucke aus dem Backofen gezogen. Das Brot ist fertig gebacken, wenn es sich nach Klopfen mit den Fingerknöcheln gegen die Unterseite hohl anhört. Damit die Rinde der Brotlaibe „zach“ bleibt, wird die Oberseite mit Schweineschmalz eingerieben. Zum Mittagsessen gibt es xöchte Suppe (vom Osterschinken) mit Reibgerstln.

Osterbrot

Auferstehungsfeier, Fleischweihe, Osterfeuer, Eiersuchen und Weichfleischessen

Die in einem Korb mitgebrachten Speisen (Schinken, Weißbrot, Eier, Kren) werden in der Osternacht am Karsamstag in der Kirche im Rahmen der Auferstehungsfeier, die in einer späten Abendstunde nach Sonnenuntergang mit dem Osterfeuer vor der Kirche beginnt, geweiht (Fleischweihe, Speisenweihe). Der Karsamstag wird ca. um Mitternacht mit dem Entzünden des Osterfeuers abgeschlossen.

Osterfeuer

Müde, da die Nacht sehr kurz ist, beginnt der Ostersonntag zeitig in der Früh mit dem Eierverstecken im Obst- und Gemüsegarten, da die jüngeren Geschwister schon nervös sind und früher als normal aus den Federn kriechen, um die „Eier des Osterhasen“ zu suchen. Nach der aufregenden Ostereiersuche und nachdem die Tiere im Stall und das Geflügel am Hof versorgt sind, geht es vor dem Gottesdienstbesuch am späten Vormittag zum kulinarischen Höhepunkt der Osterzeit: Zum Weichfleischessen! Vom Schinken werden schmale Stücke geschnitten. Der Kren wird in dünne Scheiben und kleine Würfel zerteilt, und die Eier geschält. Bevor das Weichbrot aufgeschnitten wird, wird es mit dem Kreuzzeichen versehen. Dazu gibt es süßen, heißen Feigen- oder Malzkaffee der Marken Linde, Korona, Imperial, Titze Gold, Kathreiner und Franck. Unsere Favoriten sind Linde, Titze und Korona, aber nicht wegen des Geschmacks, sondern weil in den Packungen immer Indianerfiguren, Spielzeug und Tiere aus Kunststoff als Werbebeigaben enthalten sind. Diese Werbebeigaben sind immer im Packungsboden versteckt, weshalb wir die Kaffeepackung immer unten öffnen. So lernen wir neben der heimischen Tierwelt auch die Tiere der anderen Kontinente kennen!

Dieser ausführliche Gastbeitrag von Franz ist ein Musterbeispiel für das Festhalten von alltagsgeschichtlichen Erlebnissen, die nur selten niedergeschrieben worden sind. Dies ist einer der Gründe dafür, warum wir mit dem Sautanz-Blog eine Plattform geschaffen haben, um solche Erinnerungen zu dokumentieren. Berichtet uns gerne von euren Ostertraditionen (im Burgenland oder sonst wo) in den Kommentaren!

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