Der Sautanz im Burgenland – ohne Breinwurst ist hier nichts los

Der Sautanz-Blog wird zum Foodblog. Diesmal ohne Schmäh. In diesem Beitrag (ver)führt uns Gastschreiber Franz Lex in die Welt der Breinwurst und präsentiert sein streng geheimes Wurstrezept.

Breinwurst

Ohne Breinwurst ist nichts los. Zumindest nicht bei uns im Süden. Denn die Wurst war zwar von alters her ein Arme-Leute-Essen, hat sich in den letzten Jahrzehnten aber zu einem echten Fixstern am kulinarischen Sautanzhimmel entwickelt. Doch zunächst eine kleine Einführung…

Grundzutaten für ein herrliches Gericht

Als Brein werden verschiedene Arten von Körner bezeichnet, die sowohl im Ganzen verwendet als auch grob gemahlen oder gestampft werden. Milchbrein wird mit Milch gekocht und als Abendessen gereicht. Zur Herstellung der Breinwurst wurde ursprünglich geschälter Buchweizen (Hoadnbrein, Hoanbrein, Hoadn, Hoan, Heidenbrein) verwendet, wogegen man im Laufe der Zeit neben dem Hoanbrein auch Rollgerste (geschälte Gerste) oder Hirse (Hirsebrein, Hirschbrein) hinzugegeben hat. Während der Buchweizen nur in kaltem Wasser einige Stunden eingeweicht wird, sodass er noch kernig ist, werden Rollgerste und Hirse über Nacht in Wasser gequollen und auf der Herdplatte oder im Backrohr mit Wasser oder Suppe körnig gedünstet. Anstatt der vorgenannten Kördln kann man auch gedünsteten Reis (die dann entsprechend Reiswürste genannt werden) verwenden.

Hirse

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Optimale Restlverwertung

Die weiteren Zutaten einer klassischen Breinwurst sind die Restln vom Sautanz (deswegen Arme-Leute-Essen): mit Salz, Pfeffer, Knoblauch, Wachholderbeeren und Lorbeerblätter gekochte Schwarten (Schwartln), Schweinshaxen und Sauschwoaf und Restlfleisch (Abklaubfleisch und Kopffleisch, das beim Zerteilen des Schweines anfällt). Um ein besseres Aroma zu erzielen kann man das Ganze anstatt zu kochen auch gewürzt im Ofen braten! Es kann neben Schweinefleisch auch Bauch- und Rippenfleisch von Rind und Lamm verwendet werden. Der Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt.

Schweinsschwarte

In der Schwarte steckt die Kraft – eine essentielle Zutat bei der Wurstherstellung

 

Die passende Hülle für die Fülle

Die für die Wurst typischen Naturdärme (meistens vom Schaf) werden seit Generationen verwendet. Beim sogenannten Darm schleimen werden die Därme entleert, mit Wasser durchgespült und in längere Stücke geschnitten Dabei wird die Darminnenseite auf einem Kochlöffel nach außen gewendet und durch eine dünne zu einer Spange gebogenen Korbweidenrute gezogen, um die Darmflora und das Darmfett zu entfernen. Die letzten Reste werden mit dem Messerrücken auf einem Holzschneidbrett entfernt. Die Därme werden mit Wasser gereinigt und durchgespült und danach aufgeblasen, um zu sehen, ob sie Löcher aufweisen. Zwei Löcher pro Darmstück sind erlaubt!

 

Herstellung der Breinwürste – auch einfaches Essen braucht seine Zeit

Die abgekühlten Zutaten – Fleisch, Schwartln, Haut und Fleisch von Haxen und Schwoaf – werden durch eine 8 mm-Scheibe des Fleischwolfs faschiert und mit der kalten Schwartlsuppe, den Kördln (Hirse, Rollgerste und/oder Buchweizen bzw. Reis), gedünsteten Zwiebeln und Knoblauch, Salz und der Gewürzmischung gut vermengt.

Knoblauch und Zwiebel dürfen für die optimale Breinwurst nicht zu kurz kommen

Nach ein bis zwei Stunden des Einwirkens der Gewürze wird die Masse mit dem Fleischwolf (ohne Messer und Scheibe, dafür aber mit Wurstabfüllaufsatz) in die aufgezogenen Dünndärme gefüllt. Dann werden die Breinwürste mit einer Hanfschnur paarweise zugebunden. Früher wurde zum Füllen eine sogenannte Wurstspritze verwendet.

Breinwurst
Das fertige Wurstbrät sieht noch wenig gschmackig aus Das Füllen der Würste mit Wurstaufsatz und Fleischwolf

Anschließend werden die Breinwürste in heißem Wasser in einer großen Schmalzauslasspfanne bei ca. 70 Grad Celsius je nach Durchmesser der Därme 30 bis 60 Minuten gebrüht und nach dem Auskühlen tiefgefroren. Ein kleiner Tipp: Man kann die Breinwürste gleich nach dem Abfüllen tiefgefrieren und spart sich das stundenlange Stehen neben dem Herd beim Brühen, denn die Zutaten– bis auf die Gewürze – sind ohnehin gekocht, gedünstet und gebraten! Außerdem springen beim Brühen immer wieder einige Würste auf, was zur Folge hat, dass man dann einige Liter gut gewürzte Suppe mit Einlagen hat, die man nicht wegschütten möchte! Die Breinwürste werden im Ofen bei 150 Grad Celsius in einer leicht gefetteten offenen Pfanne (ohne Deckel) knusprig gebraten.

Breinwurst SautanzBreinwürste mit Sauerkraut und Bratkartoffeln schmecken hervorragend!

Zutaten für eine gelungene Breinwurst: 1 kg Körndl, 1 kg Schwartln, 4 kg Fleisch, Zwiebel und Knoblauch, Gewürze nach Belieben. Ich nehme für die Gewürzmischung einen Mix aus Pfeffer, Kümmel, Schwarzkümmel, Piment, Majoran, Thymian und viel Bohnenkraut (Wurstkraut). Die Därme bekommt man in Fleischereibetrieben und gut sortierten Lagerhäusern!

Südburgenländische Trivia

Die Einwohner des Ortsteiles Neuhaus am Klausenbach werden liebevoll als „Neihauser Breinbürger“ bezeichnet, weil sie nach dem Verzehr von Milchbrein mit einem Zahnstocher im Mund vors Haus gegangen sind, um zu zeigen, dass sie noch die Fleischreste vom Wiener Schnitzel oder Schweinsbraten zwischen den Zähnen rausholen. Milchbrein und sonstige Breinprodukte sollen ein beliebtes, einfaches und gesundes Nahrungsmittel der Neuhauser gewesen sein. Dazu wurde Hirse angebaut, und die Körner wurden in einer Mühle gestampft.

Weil die Därme beim Braten der Breinwurst leicht zum Platzen neigen, wird jemand, der schnell beleidigt ist, als „heikle Breinwurst“ bezeichnet!

„Wos, ihr mochts no breinwiascht? De laungwierige Orbat daspor ma se, weil mia fuattan unsa Sau zwa Tog vorhea mit Kördln und brauchn daunn nua mehr die Darm paarlweis obindn!“

Franz Lex war in seiner Heimatgemeinde Neuhaus am Klausenbach über dreißig Jahre als Gemeindemitarbeiter tätig. In seinem Ruhestand widmet sich der „Autodidakt für eigentlich eh alles“ nun vor allem dem Naturschutz (es gibt sogar eine eigene Fernsehsendung über die Vielfalt in seinem Garten) und schaut, dass alte Bräuche und Handwerkskünste nicht in Vergessenheit geraten. Franz gilt als ein profunder Kenner der heimischen Flora und Fauna, deren Schönheiten er auch  fotografisch gekonnt in Szene setzt. Seine Leidenschaft brennt aber auch für das Weidenkorbflechten und er ist damit einer der letzten, die dieses Handwerk im Burgenland noch beherrschen.

 

Wie wird die Breinwurst bei euch hergestellt? Was reicht man dazu? Habt ihr auch schon mal selbst Hand angelegt bei der Wurstherstellung?

Schreibt uns eure Erfahrungen in die Kommentare …

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