Der Sautanz im Burgenland – eine eigene Geschichte

Sautanz goes Foodblog? Was heute Slowfood oder nose to tail heißt, war früher Alltag im Burgenland. In diesem Beitrag erklären wir kurz die Namensherkunft und den Hintergrund zu unserem Blognamen.

Sautanz

Eine Schwierigkeit beim Blogschreiben ist, dass es nicht immer so einfach von der Hand geht wie anfangs gedacht. Vor allem  tritt dieser Moment dann ein, wenn ein Thema wie der Sautanz beschrieben werden soll, welches man hauptsächlich als Kind wahrgenommen hatte. Im Laufe der letzten Jahre ist dieses Sujet aus dem burgenländischen Alltagsleben quasi verschwunden. Gefühlt beschränkt es sich heutzutage ausschließlich auf den Gastronomiebereich.

Wird auf Wikipedia Sautanz eingegeben, kann man sich für eine Kletterroute in der Fränkischen Schweiz entscheiden oder einen virtuellen Abstecher (Achtung Wortwitz) ins Alte Zeughaus nach Mainz machen. Für unser burgenländisches Aushängeschild heißt es da lapidar: „In Österreich gebräuchliche Bezeichnung für ein Schlachtfest.“ Aha. Hilft uns auch net wirklich in unserem Unterfangen weiter, diese folkloristische Institution, die langsam – zumindest in ihrer ursprünglichen Form – in Vergessenheit gerät, euch erhellend zu beschreiben.

 

Es war einmal…

Dennoch starten wir einen Versuch in Form einer Erlebniserzählung aus vergangenen Tagen. Im Februar war an einem bestimmten Wochenende immer sau-viel los in Neumarkt an der Raab. Die Autos parkten entlang der Hauptstraße, nur eine Spur war befahrbar – was beim  damaligen Verkehrsaufkommen kein großes Problem darstellte. Schrittweise füllten die Leute aus den Nachbarortschaften die Räumlichkeiten des Zweggerlhauses und der Geruch von schweinischen Spezereien lag in der Luft (kein Wortwitz).

In Kenntnis davon, dass manch uns zugeneigte Leserin und zugeneigter Leser zumindest eine vegetarische Ernährungsweise bevorzugt, kann getrost zum nächsten Absatz übergegangen werden. Die Sau bzw. die Säue wurden von Schädel bis Huaf komplett verarbeitet. Das Blut musste aufgefangen und bis zum Auskühlen gerührt, die Innereien, welche nur kurz haltbar sind, zerteilt und gereinigt werden. Die Därme dienten der Erzeugung von Blut- oder Reiswurst. Der persönliche All-time-Favorit: die Breinwurst

 

Burgenländische Universalität

Dieses vorgetragene Procedere beschränkt(e) sich nicht bloß auf jene anekdotische Evidenz aus dem Südburgenland. Der Sautanz ist von Kittsee bis Kalch eigentlich identisch, im Gegensatz zum Martiniloben im Norden oder dem Neckenmarkter Fahnenschwingen.  

Man lud ein und wurde im Gegenzug eingeladen. Die sozialen Aspekte des Sautanzes für die dörfliche Gemeinschaft seien dahingehend erwähnt, dass es den Haushalten in einer Ortschaft ermöglichte, in gewisser Regelmäßigkeit Fleisch zu essen, auch wenn im eigenen Haushalt vielleicht nur wenige Tiere im Jahr geschlachtet wurden.

 

Ganslessen hin, Martiniloben her

Während früher die Hausschlachtung der Sau eine auf den Bauernhof der engeren Familie und der Nachbarschaft beschränkte Feierlichkeit blieb, taugt heutzutage der Sautanz als potentiell touristische Veranstaltung für die Gastronomie. Da das kollektive Zerlegen und Verarbeiten nach heutigen Bestimmungen nur schwer im traditionellen Rahmen einer Hausschlachtung möglich ist (ohne Tierarzt geht da gar nix), verlagerte sich dies in die Gastwirtschaft. Allerdings beschränkt sich der Sautanz lediglich auf die Nahrungszufuhr am Wirtshaustisch, die Tierverwertung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Restaurant-Küche oder beim Fleischhauer statt.

Diese aktuelle Entwicklung trägt zur Verklärung des Sautanzes bei (an der wir hiermit selbstverständlich unseren beschaulichen Anteil beisteuern 😉)

 

Damals und Heute

Ein paar interessante und weiterführende Links haben wir für euch gefunden. Sautanz einst versus Sautanz heute zeigen zwei tolle Beiträge eindrucksvoll.

Ganz besonders stolz sind wir über ein Video, das uns Walter Eckhardt aus Neumarkt zur Verfügung gestellt hat. Kurios, denn wer saß in den 1980er Jahren mit einer Videokamera beim Schmaus?

 

Einen aktuelleren Videobeweis, dass Sautanz im Burgenland noch lebendig ist, findet man auf Youtube vom 20. Sautanz in Karl aus dem Jahre 2012. Zugegeben auch schon fast zehn Jahre wieder her.

 

Zum Schluss möchten wir über die (private) Facebook-Gruppe „DAS ALTE BURGENLAND in historischen Ansichten“ informieren. Die zahlreichen Mitgliederinnen und Mitglieder posten dort – nomen est omen – viel historisches Bildmaterial. Der Sautanz im Burgenland als zeitgenössisches Dorfereignis war scheinbar ein beliebtes Motiv damals.

 

Kennt ihr den Sautanz noch in seiner ursprünglichen Form? Teilt uns eure Eindrücke von damals und heute gerne in den Kommentaren mit!

 

 

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