Fast fünf Jahre ist es her, als wir uns mit Manfred Strodl über die Rückkehr des Fußballs in Mattersburg unterhielten. Seitdem passierte viel in der einstigen burgenländischen Fußball-Hochburg.
Von Clemens Faustenhammer
Nach furiosem Durchmarsch aus der 2. Klasse spielt der Mattersburger Sportverein 2020 in der Landesliga vorne mit. Im aktuellen Interview erfahren wir vom MSV-Obmann, welche Bedeutung der Fußball für die Region hat, warum die Rückkehr in das legendäre Pappelstadion so wichtig für den Verein ist und wohin die Reise in Zukunft noch führen soll.
Sautanz: Seit dem 10. August 2020 ist einiges passiert in Mattersburg. Damals wäre die heutige Situation fast fünf Jahre später wohl kaum vorstellbar?
Manfred Strodl: Als der Konkurs über den Vorgängerverein besiegelt war, habe ich mich spontan dazu bereiterklärt, bei der Neugründung aktiv mitanzupacken. Für mich waren die Zusagen von öffentlicher Seite wichtig, um den Nachwuchsfußball in Mattersburg zu retten. Damals lautete das Ziel für den Erwachsenenfußball, sich auf Sicht von fünf bis zehn Jahren in der Landesliga zu etablieren. Aufgrund der Bereitschaft ehemaliger SVM-Spieler, von der MSV-Geburtsstunde an mitzuwirken, schafften wir den Durchmarsch von der 2. Klasse in die Landesliga.
Mattersburg gilt als fußballbegeisterte Stadt im Burgenland. Wie hat die Bevölkerung die Neugründung aufgenommen?
Da ist eine wahre Leidenschaft wieder erweckt worden. Mit unserer Entscheidung, den Neustart von ganz unten zu unternehmen, erhielten wir auch außerhalb von Mattersburg sehr viel Zuspruch und Anerkennung. Die positive Resonanz reicht bis in den Seewinkel, wo wir über die letzten Jahre Sponsoren für den Verein gewinnen konnten.
Wie zufrieden ist man im Vorstand des MSV mit der sportlichen Situation?
Nach etwas mehr als vier Jahren ist der sportliche Erfolg schlichtweg sensationell. Zu Beginn der Landesliga-Saison setzten wir uns das gemeinsame Ziel, vorne mitzuspielen. Trotz der Verletztenmisere haben wir als Aufsteiger es geschafft, am Ende der Herbstsaison auf Platz zwei zu landen. Was mich besonders freut, ist die persönliche Verbundenheit unserer Spieler mit dem Verein, hier langfristig die Entwicklung mitzugestalten.
Ein Ziel ist es, den Verein auf eine breite Basis zu stellen. Ich kann mir vorstellen, dass je höher man spielt, desto herausfordernder gestalten sich die Anforderungen für den Verein. Wie hat sich der Verein strukturell weiterentwickelt?
Als wir den Verein aus der Taufe gehoben hatten, waren viele Details noch unbekannt. Die Zusammensetzung des Vorstands musste rasch erfolgen, ohne dabei großartig die langfristige Strategie des Vereins zu präzisieren. Im August 2020 musste es sehr schnell gehen. Mit der Zeit stellte sich heraus, wie ein Verein von der Größenordnung des MSV aufzustellen ist, um langfristig erfolgreich zu sein. Leidenschaft ist wichtig, professionelle Strukturen und Abläufe ebenso. Hier sehe ich große Parallelen wie man ein Unternehmen professionell führt. Die Leute kommen zu uns ins Stadion, da wir sie mit entsprechender Leistung von Spieltag zu Spieltag zu überzeugen wissen. Ansonsten wäre das große Pappelstadion auch nicht der passende Ort für uns. Blicke ich auf die haftungsrechtlichen Fragen, die derzeit mit dem Betrieb eines Vereins verknüpft sind, wundere ich mich nicht, dass einige potentielle Funktionäre vor einem ehrenamtlichen Engagement zurückschrecken. Außerdem änderten sich die Freizeitgewohnheiten am Wochenende, sodass allgemein das Reservoir an freiwilligen Helfern schrittweise abnimmt. Auch das ist kein gänzlich neues Phänomen im ländlichen Raum. Um diesem Problem entgegenzuwirken, werden wir uns weiterhin verbessern und die nötigen Strukturen in der Vereinsorganisation schaffen, die im professionellem Fußball heute Realität sind. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass in den letzten viereinhalb Jahren viele tausende Stunden an ehrenamtlicher Arbeit investiert wurden.
Ein selbstformulierter Anspruch ist es ein Vorbildverein für die Region zu sein. Was kann man sich darunter vorstellen?
Bei uns spielen vorwiegend Kicker aus der Region rund um Mattersburg. Das stärkt die Bindung mit unseren Fans enorm, die diesen eingeschlagenen Weg begrüßen. Sinnbildlich dafür steht für mich der „Tag des Fußballs“, den wir im letzten Jahr im Pappelstadion veranstalteten und ein voller Erfolg war. Bislang kommen wir ohne Legionäre aus. Neue Spieler müssen in das Mannschaftsgefüge des MSV passen. Dazu zähle ich auch den wirtschaftlichen Part. Einen vermeintlichen Starspieler oder hochbezahlten Ex-Teamkicker sucht man bei uns vergeblich. Wir erzwingen den kurzfristigen sportlichen Erfolg nicht zulasten der Balance im Team. Alles andere würde das bisher funktionierende Erfolgskonzept des MSV untergraben.
Mittlerweile wird wieder Fußball im Pappelstadion gespielt. Wie wichtig ist die Rückkehr des Vereins in die alte Heimatstätte?
Ich bin selbst großer und langjähriger Fan des Pappelstadions. Von zentraler Bedeutung für die Rückkehr war und ist, dass die entsprechende Infrastruktur für den Spielbetrieb funktioniert. Nach der Versteigerung der Konkursmasse waren keine Stadionsitze mehr vorhanden, keine Ausstattung für einen geordneten Kantinenbetrieb, etc. Vor dem ersten Spiel nach der Neugründung im Derby gegen Rohrbach mussten wir massiv improvisieren. Diesen Kraftakt haben wir schlussendlich geschafft.
Gibt es Pläne für die Nutzung und gar den Ausbau der Infrastruktur? Was wird aus dem legendären Stadion-Café?
So viel kann ich verraten, dass wir ab dem kommenden März den Gastronomiebetrieb im alten SVM-Café an Spieltagen als MSV-Kantine für unsere Zuschauer wieder aufnehmen werden. Das wird ein weiterer Meilenstein für den Verein, denn welcher anderer Klub im Burgenland hat so ein großartiges Lokal für ein gemütliches Beisammensein? In Zukunft möchten wir auch die Betreuung unserer Sponsoren und VIP-Gäste vorantreiben. Wie es konkret mit dem Vereinshaus weitergeht, dass wir aktuell gemeinsam mit der Polizei nutzen, kann ich nicht voraussagen. Wir arbeiten an einer Lösung. Nun sind wir an einem Punkt angelangt, die erforderliche Infrastruktur für die Frauenmannschaft sicherzustellen. Mit der angedachten Partnerschaft mit Hirm eröffnen sich dahingehend neue Möglichkeiten, die wir nützen werden.
Wie sieht aktuell eine mögliche Zusammenarbeit mit der Fußballakademie Burgenland aus?
Nach Medienberichten steht eine Kooperation zwischen der Akademie Burgenland und dem SV Oberwart zur Diskussion. Da die Akademie sprichwörtlich vor unserer Haustür steht, brauche ich die von uns präferierte Variante im Sinne des MSV nicht näher erläutern. Wichtig erscheint mir, den Akademie-Spielern eine erstrebenswerte Vision zu bieten, damit sie ihre Leistung bei einem burgenländischen Verein voll zur Geltung bringen. Je weiter oben wir spielen, desto attraktiver und anspornender ist es für die Jungen, in ihrem Heimatverein ihr Leistungsvermögen zu entfalten. Heute spielen bei uns rund 60 Mädchen und 140 Burschen in 15 Nachwuchsmannschaften. Ich denke, Mattersburg ist prädestiniert für ein Leistungszentrum im Norden und bringt alle Voraussetzungen dafür mit, um eine bestmögliche Ausbildung für unseren Nachwuchs zu garantieren. Unsere Kicker in der Jugend sind zweifellos das Fundament für den weiteren Erfolg und das langfristige Bestehen des MSV.
Ein Zitat aus unserem Interview im Jahr 2020: „Unser Ziel ist es in fünf bis zehn Jahren eine solide Regionalligamannschaft aufzubauen. Dabei ist uns eines wichtig: Wachstum ja, aber nur mit Maß und Ziel. Deswegen auch der Start in der 2. Klasse. Da kann was zusammenwachsen.“ Nach einem Durchmarsch liegt man beim maximal Erreichbarem. Status Januar 2025: Welches Potential gibt es für den MSV 2020?
Kommen alle Verletzten zurück und blicken wir auf das vorhandene Potential und die Kaderstärke, lautet die Meisterschaft ein zentrales Ziel für die nächste Saison. Sollten wir es heuer bereits schaffen, würden wir uns auch nicht dagegen wehren. Wenn wir die einzelnen Punkte, die ich bisher genannt habe, zusammenzählen und alle tatkräftig mitarbeiten, kann ein Verein heranwachsen, auf den das ganze Burgenland stolz sein wird. Das ist unsere Zukunft. Wir haben eine klare Linie und halten den Kurs mit dem Fokus auf die langfristige Entwicklung.
Vielen Dank für das Gespräch!
Teilt uns gerne eure Meinung zum Interview mit Manfred Strodl mit einem Kommentar mit!
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