Burgenlands Fußball-Legionäre – ein Quintett von Schottland bis Zypern (Teil 1)

Die Anzahl an österreichischen Fußball-Legionären nimmt gefühlt stetig zu. In den letzten drei Jahrzehnten prägten mit Dietmar Kühbauer, Andreas Ivanschitz und Martin Stranzl drei Ausnahmekönner aus dem Burgenland den Fußball. Wie sieht es im Jahr 2025 aus?

Burgenland Fußball-Legionäre

Von Clemens Faustenhammer

Nun fristet der pannonische Fußball auf Vereinsebene ein Schattendasein in der österreichischen Drittklassigkeit. Immerhin dürfen sich die Fußballfans im nördlichsten Bezirk des Landes über ein Derby freuen, wenn der SC Neusiedl am See auf Aufsteiger Parndorf trifft. Die Fans des dritten Vertreters aus Österreichs jüngstem Bundesland, der SV Oberwart, sind für die kürzeste Auswärtsfahrt nach Gloggnitz deutlich länger unterwegs. Bis in die niederösterreichische Stadt am Fuße des Semmerings dauert es rund eine Stunde.

Deutlich länger beträgt die Reisezeit, wenn man Burgenlands ballesterische „Exportschlager“ im Ausland live vor Ort auf die Beine schauen möchte. Von der pittoresken Hauptstadt Schottlands Edinburgh über die deutsche Metropole Berlin bis in die Hafenstadt Bari an der Adria spannt sich der Bogen, der die Fußballdestinationen der burgenländischen Legionäre verbindet. Wobei wir die Mittelmeerinsel Zypern keineswegs ausklammern wollen, doch dazu gleich mehr.

Schenkt man der Auflistung auf transfermarkt.at Glauben, verdienen aktuell weit über 400 (!) Legionäre mit einem österreichischen Pass außerhalb der Alpenrepublik ihr Geld. Das klingt absurd hoch, wenn man bedenkt, dass bei einer durchschnittlichen Kadergröße von 25 Spielern pro Mannschaft insgesamt maximal 300 Profis in der österreichischen Bundesliga kicken. Nun bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass diese auf dem Onlineportal dargestellte Zahl sich nicht allein auf den Erwachsenenfußball bezieht. Denn die beispielsweise exorbitant hohe Anzahl von 58 Österreichern in den Vereinigten Staaten erklärt sich daraus, da das Gros der Kicker an den US-Universitäten in Maryland, South-Carolina oder Illinois spielt. In der obersten Etage namens Major Soccer League dürfen sich lediglich Hannes Wolf (New York City FC) und David Schnegg (D.C. United) auf Duelle mit dem Weltfußballer Lionel Messi, der bei Inter Miami fürstlich entlohnt wird, freuen.

Für diesen Beitrag konzentrieren wir uns auf die fünf wohl bekanntesten Spieler aus dem Burgenland, die aktuell ihr Geld im Ausland verdienen und zumindest einen Profivertrag bei einem Erstligisten haben. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass sich die folgende Reihenfolge streng alphabetisch nach dem Nachnamen ergibt und in keinerlei Hinsicht ein Ranking darstellt.

 

Matthias Braunöder (Italien | Como 1907, verliehen an SSC Bari)

Matthias Braunöder

Spielerprofil Matthias Braunöder (Quelle: transfermarkt.at)

Schön früh in seiner Karriere gilt der Eisenstädter als eines der vielversprechendsten Fußballtalente, das das Burgenland in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Seine fußballerische Laufbahn begann beim SV Sigleß, ehe er 2011 in die Nachwuchsakademie von Austria Wien wechselte. Dort durchlief er alle Jugendstufen und feierte 2019 sein Debüt bei den Young Violets in der 2. Liga. Am 26. Januar 2021 folgte schließlich der Schritt in die österreichische Bundesliga: In einem 4:0-Sieg gegen die Admira stand der damals 18-Jährige erstmals für die Profis auf dem Platz. Bereits 2022 wurde er als „Newcomer of the Season“ ausgezeichnet und bei der Krone-Fußballerwahl zum „Young Star of the Year“ gekürt.

Im Jänner 2024 vollzog Braunöder den Sprung ins Ausland: Zunächst per Leihe zum italienischen Zweitligisten Como, wo er half, den Aufstieg in die Serie A zu sichern. Der Verein zog im Sommer die Kaufoption und Braunöder stand in der Saison 2024/25 achtmal in der Seria A, Italiens höchster Spielklasse, auf dem Platz. Um mehr Spielpraxis zu sammeln, folgte diesen Sommer eine Leihe zum SSC Bari in die Serie B.

Transferhistorie Matthias Braunöder

Transferhistorie Matthias Braunöder (Quelle: transfermarkt.at)

Auch im Nationaldress machte der Mittelfeldspieler früh auf sich aufmerksam. Er führte mehrere österreichische Nachwuchsauswahlen als Kapitän an, darunter die U17 bei der Europameisterschaft 2019 und ist seit 2022 Spielführer der U21-Nationalmannschaft. Auf einen Einsatz für das A-Team wartet er noch.

 

Markus Kuster (Zypern | Enosis Neon Paralimni)

Markus Kuster

Spielerprofil Markus Kuster (Quelle: transfermarkt.at)

Die Karriere von Markus Kuster begann in den Nachwuchsteams von SK Pama und SC Neusiedl am See, ehe er in die Fußballakademie Burgenland wechselte. Sein Sprung zu den Profis erfolgte beim SV Mattersburg. Zunächst spielte er in der Regionalliga Ost bei der zweiten Mannschaft, 2014 wurde Kuster in den Profikader hochgezogen. Dort feierte Kuster sein Debüt und half in der Saison 2014/15 entscheidend als Stammtorhüter beim Aufstieg in die Bundesliga mit.

Seine Erfolge blieben nicht unbemerkt: In seinem ersten Bundesliga-Jahr wählten ihn Beobachter direkt zum „Torwart der Saison“. Zwischen 2017 und Anfang 2018 wurde Kuster für fünf Spiele in den Kader der österreichischen A-Nationalmannschaft berufen – auch wenn ein Einsatz ausblieb. Unrühmlich in Erinnerung blieb die rote Karte für eine Tätlichkeit gegenüber dem Schiedsrichter Markus Hameter im Frühjahr 2016. Kuster erhielt eine (später verkürzte) Sperre von vier Spielen und entschuldigte sich öffentlich für sein Fehlverhalten.

Transferhistorie Markus Kuster

Transferhistorie Markus Kuster (Quelle: transfermarkt.at)

Nach über einem Jahrzehnt beim SVM wagte er im Sommer 2020 den Schritt ins Ausland und unterschrieb beim deutschen Zweitligisten Karlsruher SC. Dort gelang ihm jedoch der Durchbruch nicht: Nur fünf Einsätze in zwei Jahren standen am Ende zu Buche. Im Frühjahr 2023 wechselte Kuster zum Schweizer Erstligisten FC Winterthur. Zunächst als Ersatzkeeper eingeplant, erarbeitete er sich nach einer starken Vorbereitung die Rolle als Nummer eins und brachte es auf insgesamt 34 Partien. Diesen Sommer stand erneut ein Transfer und somit die dritte Auslandsstation in seiner Karriere an: der 31-Jährige wechselte nach Zypern zum Erstligisten Enosis Neon Paralimni, wo mit Damir Canadi ein Österreicher das Trainerzepter schwingt.

 

David Nemeth (Deutschland, FC St. Pauli)

David Nemeth

Spielerprofil David Nemeth (Quelle: transfermarkt.at)

Wenn über die vielversprechendsten Abwehrtalente Österreichs gefachsimpelt wird, fällt irgendwann im Verlauf der Gespräche der Name David Nemeth. Seine fußballerische Laufbahn begann beim UFC St. Georgen, über die Burgenland-Akademie gelangte Nemeth in den Nachwuchs des SV Mattersburg, wo er 2019 sein Debüt in der Bundesliga feierte.

Nach dem Konkurs des SVM infolge des Commerzialbank-Skandals setzte Nemeth seine Karriere 2020 in Deutschland beim Bundesligisten 1. FSV Mainz 05 fort. Zunächst im U23-Team aktiv, wurde er im darauffolgenden Jahr an Sturm Graz verliehen, um dort Erfahrung im Oberhaus zu sammeln. Der entscheidende Schritt folgte im Sommer 2022 mit dem Wechsel zum FC St. Pauli in die 2. Bundesliga. In seiner ersten Saison kam er verletzungsbedingt nur zu acht Einsätzen, 236 Tage musste Nemeth wegen einer Schambeinentzündung pausieren. Doch in der Saison 2023/24 kehrte der Verein aus Hamburg nach 13 Jahren zurück in die deutsche Bundesliga. In der vergangenen Spielzeit etablierte sich der Innenverteidiger in der Startelf von St. Pauli und spielte seit der 11. Runde immer von Beginn an.

David Nemeth

Transferhistorie David Nemeth (Quelle: transfermarkt.at)

Auf internationaler Ebene durchlief Nemeth sämtliche Jugendnationalteams Österreichs – darunter U18, U19 und U21. Auf einen Einsatz im A-Team wartet er noch, gleichwohl eine Einberufung in den Kader bereits vor über vier Jahren im März 2021 erfolgte. Zuletzt stand er für die ersten beiden WM-Qualifikationsspiele gegen Rumänien und San Marino auf Abruf.

 

Michael Steinwender (Schottland, Heart of Midlothian)

Michael Steinwender

Spielerprofil Michael Steinwender (Quelle: transfermarkt.at)

Der am 4. Mai 2000 in Eisenstadt geborene Innenverteidiger wandelt in der schottischen Hauptstadt Edinburgh auf den Spuren eines anderen Burgenländers, der zeitweise sogar das Kapitänsamt bei den Hearts verantwortete. Doch dazu mehr Details im zweiten Teil dieser Serie. Seine fußballerische Laufbahn begann Steinwender beim ASK Baumgarten, ehe er über Stationen in den Nachwuchsakademien von Rapid Wien, Mattersburg und der Fußballakademie Burgenland im Jahr 2017 in der zweiten Mannschaft des SV Mattersburg debütierte. 2020 folge die Premiere in der Bundesliga. Nach dem Wechsel zum SKN St. Pölten bestritt er eine Saison als Stammkraft, bevor er sich 2021 dem TSV Hartberg anschloss und dort in über 60 Bundesliga-Partien auch internationale Talentscouts zu überzeugen wusste.

Michael Steinwender

Transferhistorie Michael Steinwender (Quelle: transfermarkt.at)

Im Sommer 2024 wechselte der mittlerweile 25-Jährige vom TSV Hartberg in die Allsvenskan, wo er durchgehend mit guten Leistungen auffiel. Doch nur kurz stand Michael Steinwender beim schwedischen Klub IFK Värnamo unter Vertrag. Ein paar Monate später dockt der Innenverteidiger beim schottischen Klub Heart of Midlothian FC an. Mit seiner physischen Stärke und robusten Zweikampfführung ist Steinwender prädestiniert für den athletischen Spielstil der Schotten.

 

Christopher Trimmel (Deutschland, Union Berlin)

Christopher Trimmel

Spielerprofil Christopher Trimmel (Quelle: transfermarkt.at)

Den Mittelburgenländer kann man ohne Zweifel als ein echtes Urgestein des 1. FC Union Berlin bezeichnen. Der vorwiegend als Rechtsverteidiger spielende Mannersdorfer begann seine Karriere im heimischen Amateurbereich und spielte beim ASK Horitschon in der burgenländischen Landesliga, bevor er 2008 zum österreichischen Rekordmeister Rapid Wien wechselte. Sein Durchbruch glückte ihm im Jahr 2009: In seinem sechsten Bundesliga-Einsatz für die Grünweißen gelang ihm gegen Austria Kärnten ein bemerkenswerter Hattrick in nur sechs Minuten.

Im Jahr 2014 wagte Trimmel als gestandene Stammkraft bei Rapid den Schritt ins Ausland. Er unterschrieb beim deutschen Zweitligisten 1. FC Union Berlin. Schnell avancierte Trimmel zum unverzichtbaren Leistungsträger und Publikumsliebling der „Eisernen“. Der vorläufige Höhepunkt: der historische Aufstieg in die Bundesliga in der Saison 2018/19, erstmals seit der deutschen Wiedervereinigung. 2018 übernahm Trimmel das Kapitänsamt bei Union Berlin. Unter seiner Führung etablierte sich der Klub dauerhaft in der Bundesliga – inklusive Europa-League- und Champions-League-Teilnahmen. 2023 wurde er in einem Spiel gegen Napoli mit 36 Jahren und 240 Tagen zum ältesten österreichischen Debütanten in der Champions League. Mit dem Überschreiten der 350-Spiele-Marke gehört er zu den prägenden Persönlichkeiten der Vereinsgeschichte. Die Bezeichnung „Legende“ trifft’s ganz gut.

Christopher Trimmel

Transferhistorie Christopher Trimmel (Quelle: transfermarkt.at)

Abseits des Fußballplatzes beweist sich Trimmel als leidenschaftlicher Tattoo-Artist mit eigenem Studio in Berlin. Auf internationaler Ebene feierte Trimmel sein Debüt für Österreich bereits 2009 im Freundschaftsspiel gegen Kamerum. Nach fast zehn Jahren kehrte er zurück und war Teil des Kaders für die Europameisterschaft 2021. In der Qualifikation zur WM 2022 erzielte er sein erstes Länderspieltor beim Sieg gegen die Republik Moldau.

 

Bald ein englischer Nationalspieler aus dem Burgenland?

Nicht zu vergessen ist der Ex-Mattersburger Julius Ertlthaler. Nach Stationen bei den Bundesligisten TSV Hartberg und der WSG Tirol heuerte der Pöttschinger im Sommer 2024 in Polen an. Der 29-jährige ist im Sommer innerhalb der zweiten polnischen Liga von Tychy zu Wisla Krakow gewechselt. Der Traditionsverein Wisla Krakau wurde insgesamt 13 Mal polnischer Meister.

Ein „Rising Star“ mit Burgenland-Bezug könnte in der englischen Premier League für Furore sorgen. Carney Chukwuemeka, der nach der Leihe von Borussia Dortmund zu seinem Stammverein FC Chelsea zurückkehrte, wurde als Sohn nigerianischer Eltern in Eisenstadt geboren, wuchs aber in Northampton auf. Bisher spielte Chukwuemeka ausschließlich für diverse Nationalteams im englischen Nachwuchs, er wäre aber auch für Nigeria spielberechtigt. Bei erfolgreichem Karriereverlauf wäre Chukwuemeka wohl der erste im Burgenland geborene englische Nationalspieler.

Im nächsten Teil begeben wir uns auf eine Zeitreise in die Vergangenheit und gehen unter anderem der Frage nach, wer als erster Fußballer das Burgenland im Ausland vertrat. Ferner blicken wir auf die Karrieren jener burgenländischen Kicker, die es sogar bis in das österreichische Nationalteam schafften.

Wie werden sich unsere Fußball-Legionäre in der neuen Saison 2025/26 wohl schlagen? Teilt uns eure Meinung in den Kommentaren mit!

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